Säumen, ist das älteste Transportmittel, was sich der Mensch geschaffen hat! Auch wenn heute keiner mehr mit Tieren über schmale Gebirgspfaden Güter transportiert, die Säumerei lebt dank einiger Enthusiasten neu auf! 

Auch wenn wir in Norddeutschland kein Hochgebirge haben, das „Säumen“ oder auch Wandern mit Tragtieren ist mehr als mit Pferden spazieren gehen! Davon können die Teilnehmer aus Niedersachsen und Nordrhein Westfalen, die an den VFD Ausbildungskurse Säumen 1 und Säumen 2, die im August auf der Rainbow Ranch in Bad Zwischenahn stattfanden, jetzt ein Lied singen.

Zum einen hatten die Teilnehmer das Glück, das Martina Holste ihre „Frieda“, „Flicka“

Unterwegs 3 mit Esel Foto Martina Gerndt

und „Lena“, drei bezaubernde Eseldamen dabei hatte, und den Teilnehmern schnell klar wurde, „pferdisch“ sprechen ist eine Sache, „eselisch“ eine völlig andere!  Zum anderen hatte Ausbilder Björn Rau, der eigens aus Bayern angereist war eine solche Vielfalt von Pack- und Tragsystemen dabei, dass allen Teilnehmern nach kurzer Zeit der Kopf rauchte. So viele Packsysteme wird wohl keiner so schnell wieder auf einem Haufen sehen!

 

Auch wenn es spezielle Packsättel gibt – ein Highlight war das Beladen eines ganz normalen Westernsattels. Okay, man braucht ein Horn oder eine Arch und ein paar Kabelbinder – aber trotzdem kann auch das bestehende Equipment für eine Packtier Tour verwendet werden!

Unsere Sachen liegen bereit zum verpackenSpätestens als das gesamte Equipment, was auf den Tragtieren gebastet* werden sollte auf den Boden ausgebreitet vor den Zweibeinern lag, wurde klar, was sie hier mit den Vierbeiner eigentlich vorhatten. Wie sollte das alles sicher verstaut werden?  Was sagen die Eseldamen, sowie, die Pferde von Hanna Jüchter und Ulli Steinmetz dazu, wenn sie auf einmal doppelt so breit sind und mit einer „toten Last“ beladen werden, die eben nicht geschmeidig in der Bewegung mitgeht, wie ein Reiter?!

Mit viel Geduld und Übung in den ersten Tagen konnten aber alle Vierbeiner schnell an die ungewohnte Situation gewöhnt werden.

Aber, wer jetzt glaubt, Packtaschen „festtüddeln“ und los – der ist ziemlich auf dem Holzpfad! Bei der Zusammenstellung der Last ist Köpfchen gefragt – bei dem Aufbasten und dem Sichern dann später Teamwork!

Generell gilt - ohne Diskussion - die Last wird auf beiden Seiten gleichmäßig verteilt! Aber wie merke ich mir, was auf wem und wo verpackt wurde, damit ich im Notfall schnell an das Teil dran komme! Was kommt in die Seitenlast, was in die Auflast? Was brauche ich vielleicht erst im Biwak, was unterwegs? Was trägt der Zweibeiner, was der Vierbeiner? Und wie soll das alles gesichert werden??

Hier kommt auch das „Festtüddeln“ ins Spiel – nichts da! Die Teilnehmer waren am Ende der Woche richtige Knotenexperten – denn zum einen gilt es natürlich die Bast sicher am Tier anzubringen, so das auch beim bergauf, bergab oder in einer Schrecksituation nichts verrutschen kann, zum anderen müssen alle Knoten auch einfach wieder aufgehen, um die Last auch wieder zügig abnehmen zu können.

Üben am blauen August Foto Martina GerndtZum Glück war der „blaue August“ – der Übungsdummy in Form einer Regentonne - sehr geduldig, denn es dauerte Stunden, bis alle Teilnehmer auch den Diamant Knoten sicher knüpfen konnten. Mit diesem „diamond hitch“ wird dann zum Schluss noch die Segeltuchplane über die gesamte Bast als Wind- und Wetterschutz gesichert.

Die verschiedenen Knoten bestimmten die Ausbildung, denn neben der Sicherung des Gepäcks am Tragtier war natürlich auch das sichere „Verwahren“ der Tiere in der Pause und über Nacht gefragt. Hier wurde dann auch klar, warum jeder mindestens 12m Seil dabei haben sollte, das richtige und sichere Anbinden am Hochseil und am Brustseil ist ein Muss für jeder Säumer!

Während sich die Planung einer Tour mit Karte und Kompass nicht viel von der Planung von Ritten und Fahren unterscheidet – es gibt Wege, auf denen darf nicht geritten, aber geführt werden – gibt es einen massiven Unterschied, der von den Teilnehmern doch erst unterschätzt wurde:  man läuft selber - und die Tiere bestimmen das Tempo! Draußen zu übernachten und die Verantwortung für die Tiere und Mitreisenden so nah zu spüren ist eine psychische Herausforderung! Unterwegs 2 Foto Martina GerndtBei der zweitägigen Prüfungstour am Ende der Woche gingen viele der Zweibeiner weit über ihre Grenzen – dank des tollen Teamworks in der Gruppe kamen aber schließlich alle heil, erschöpft aber glücklich wieder auf der Rainbow Ranch an – und das beste war, alle Teilnehmer hatten die Prüfung mit Bravour bestanden. Damit hat Norddeutschland insgesamt sieben neue Saumtierführer, die Tragtiergruppen ins Gelände führen dürfen! Mit Tanja Michel (Ostfriesland) und Martina Gerndt (Verden) hat Niedersachsen jetzt auch zwei Ausbilderinnen zum Säumen, und Martina ist damit auch befähigt, die Prüfung für beide Saumkurse abnehmen.

Unsere Tragtier Truppe hatte natürlich danach ein paar Tage frei – auch für die Tiere war das Ganze eine anstrengende Zeit! Aber das Resümee war klar:  Eine Saumwoche am Bad Zwischenahner Meer:  Keiner der Teilnehmer möchte die Erfahrung missen!

Bericht von Martina Gerndt; Fotos von Gabriele Eichenberger, Martina Gerndt u. Ulrich Steinmetz

*Basten ist ein alter Begriff aus der Säumerei, Bast = Last.

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