Arriёns, Henriette
271 Seiten, 81 Schwarzweiß-Abbildungen, 60 Tabellen, 96 Seiten Anhang mit Farbbildern, Tierbuchverlag Irene Hohe2009

Erfreulicherweise hat die immer noch spärliche deutschsprachige Literatur zur Farbgenetik des Pferdes mit diesem vielschichtig gestalteten Buch einen nennenswerten Zuwachs bekommen.

In zwei großen Komplexen werden allgemeine Grundlagen der Genetik und zahlreiche Aspekte der Farbvererbung beim Pferd vorgestellt. Der Genetik-Abschnitt, der ein Fünftel des Buches umfasst, vermittelt ein Basiswissen zu Fachbegriffen und Vererbungsvorgängen, informiert aber gleichzeitig auch über tiefer gehende Bereiche wie Polygenie, Genexpression oder Proteinbiosynthese. Zu Beginn des zweiten Komplexes werden Haarwachstum und Pigmentproduktion sowie mögliche Beziehungen zwischen Farbe und anderen Merkmalen (z. B. Verhalten) erläutert. Dem schließt sich eine kritische Betrachtung der gegenwärtig in Deutschland genutzten Farbbezeichnungen an. Den größten Umfang nehmen verständlicherweise die folgenden sechs Kapitel ein, die sich mit den Basisfarben, Abzeichen, Farbaufhellungen, Schimmelungen, Scheckungen und Tigern beschäftigen. Dabei werden die verschiedenen Färbungen mit Betrachtungen zu ihren Bezeichnungen, der Beschreibung des Aussehens, einer Darstellung ihres genetischen Hintergrundes sowie ihres Erbganges näher vorgestellt. Zahlreiche Abbildungen und Tabellen, die infolge der nur in Grauschattierungen gehaltenen Ausführung und ihres teilweise recht komplexen Aufbaus nicht immer leicht zu interpretieren sind, sollen die jeweiligen Aussagen verdeutlichen. Die vorgenommene Gruppierung der Fellfarben orientiert sich in erster Linie an deren genetischer Grundlage. Bei einigen Gruppierungen (besonders bei den Schecken) wird jedoch das Aussehen/Farbmuster in den Vordergrund gestellt, was bei den weitergehenden Betrachtungen dieser Farben zu Verwirrungen führen kann. Der abschließende Bilderanhang präsentiert die zuvor beschriebene Vielfalt der Fellfärbung in ihrer ganzen Breite und lädt zum Verweilen ein.
Das Buch basiert auf umfangreichen Recherchen, die von Aussagen aus den Anfängen der systematischen Pferdezucht bis hin zu den Ergebnissen molekulargenetischer Untersuchungen reichen. An zahlreichen Beispielen bzw. eigenen Stutbuchanalysen, die vorrangig aus dem Bereich der Islandpferde stammen, werden Erkenntnisse über bekannte Erbgänge bestärkt, aber auch interessante Fakten und Theorien zu noch nicht vollständig erforschten Färbungen aufgezeigt (z. B. Beziehungen zwischen Erbfehlern und bestimmten Farben, Modelle für Pigmentzentren bzw. Farbausbreitungen bei den Schecken).
Obwohl die Pferdefarben und die Vererbungsmuster einfach erläutert sind und zur Anwendung an den eigenen Pferden herausfordern, eignet sich das vorliegende Buch nicht für die schnelle Lektüre nebenbei oder als einfaches Nachschlagewerk. Aufgrund der Vielfalt der angeführten Untersuchungen und der Fülle der Darstellungen verkörpert es vielmehr eine interessante Literatur für Züchter und Pferdefreunde, die mit Muße, aber auch mit einigen Vorkenntnissen ausgerüstet, tiefer in die Farbgenetik einsteigen wollen, und regt natürlich zur Diskussion über das Thema Farbvererbung im Allgemeinen und die hier aufgestellten Theorien im Besonderen an.
Monika Reißmann

Werbung