Pressemitteilung: VFD fordert bundesweit einheitliches, entgeltfreies und verständliches Wegerecht für alle
Twistringen, 29.11.2024 – Über 62 Millionen Menschen in Deutschland suchen und finden Erholung im Wald, überwiegend zu Fuß (beim Wandern oder Joggen) und mit dem Fahrrad, aber auch zu Pferd (Equiden). Wir wurden offiziell darüber informiert, dass das Bundeswaldgesetz in dieser Legislaturperiode nicht mehr verabschiedet wird. Das Betretungsrecht mit dem Pferd und dem Fahrrad im Wald bleibt damit laut BWaldG auf allen Wegen erlaubt. Trotzdem wurden wir im Rahmen der Verbändeanhörung um eine Stellungnahme gebeten, dieser Bitte sind wir nachkommen und haben unsere Argumentation entsprechend eingebracht. VFD-Stellungnahme
Wir begrüßen die Aufnahme der Erholungsfunktion gleichrangig mit Nutz- und Schutzfunktion. Wir begrüßen weiterhin, dass die Erholung der Bevölkerung zu den Ökosystemleistungen des Waldes zählt und die Länder dafür Vorsorge zu treffen haben das die Erholung gewährleistet wird. Dies ist ein zentrales Anliegen aller Verbände, da nur so sichergestellt werden kann, dass die Bedürfnisse der Erholungsnutzer nicht nachrangig hinter anderen Interessen stehen.
Wir Reiter und Reiterinnen sind die einzigen Natursportler, die für die Nutzung von Wegen ein Entgelt entrichten müssen. Diese Ungleichbehandlung wird u.a. bei den Stellungnahmen der VFD zum Landesnaturschutzgesetz NRW und zum Bundeswaldgesetz stets thematisiert. Die VFD konnte mit ihrem Reitwegeschadengutachten nachweisen, dass in Sachsen rund 100.000,00 Euro zweckentfremdet eingesetzt wurden. In Sachsen wird die Reitwegeabgabe seit dem 1. Januar 2015 nicht mehr erhoben.
Die bevorzugte Wegebeschaffenheit für Erholungsnutzungen sind naturfeste Wege. Das gilt sowohl für das Wandern und viele Arten des Radfahrens als auch für den Natursport mit Pferden. Naturwege können z.B. Sandwege, Wiesenwege oder unbefestigte Feld, Gras- und Waldwege sein. Grob geschotterte Wege sind für die Erholungsnutzung ungeeignet. Nicht nur für den Natursport ist die Ausdehnung der geschotterten Wege ein Problem. Weiterlesen in der Resolution.
Erholung in der Natur ist ein wesentlicher volkswirtschaftlicher Faktor zur Gesunderhaltung der Bevölkerung. Die Erholung muss daher als eigenständiges Interesse, neben Naturschutz und Forstwirtschaft, anerkannt und bewertet werden. Natursport zählt hierbei, im Sinne des BNatG, zur Erholung. Erholungsinfrastruktur, wie naturbelassene Wege, müssen erhalten und ggf. neu gebaut werden. Das Betretungsrecht sollte bundesweit einheitlich geregelt sein. Die gegenseitige Rücksichtnahme soll der neue Leitgedanke sein. Reiten sollte daher auf allen Straßen und Wegen im Wald erlaubt werden. Verbote sollten nur im begründeten Einzelfall möglich sein. Die Forstverwaltungen benötigen genügend Ressourcen, um die Entwicklung der Erholung zu unterstützen.
Organisierte Veranstaltungen, die in ihrer Störwirkung mit genehmigungsfreien privaten Treffen vergleichbar sind, sollten keine Genehmigung mehr benötigen. Für darüberhinausgehende organisierte Veranstaltungen benötigt es ein einfaches Anmeldeverfahren, sowohl bei Behörden als auch beim Waldbesitz. Keine überhöhten Verhinderungsgründe für die Nutzung der Wege durch Angebote des Wander-, Gesundheits-, Radtourismus und Pferdetourismus – Professionelle Angebote der Umweltbildung, Naturerfahrung und Bewegungsförderung müssen ohne gesonderte Genehmigung möglich sein.
Solche von kompetenten Leuten geführte Touren bieten nicht nur mehr Sicherheit für die Erholungssuchenden und mehr Naturschutz durch fachkundige Anleitung im Gelände, sondern machen auch ausgeschilderte (touristische) Routen zur Aktivitätslenkung entbehrlich, insb. in wenig frequentierten Gebieten.
Damit werden Kosten, Rechtsunsicherheiten, Verkehrssicherungspflichten (für Grundstückseigner und Kommunen) eingespart.
Ein Lösungsansatz, um die überbordenden Regulierungen und Schilderchaos im Wald zu verhindern ist die sog. Negativbeschilderung: Es werden nur Betretungsverbote ausgeschildert. Dieses System lässt sich auch über digitale Medien und Navigations-APPs gut umsetzen.
Wir unterstützen die Forderungen des Bund Deutscher Forstleute an die künftige Bundesregierung:
“Der Wert des Waldes für das Gemeinwohl ist doppelt so hoch, wie die Erträge durch den Holzverkauf. Eine Honorierung dieser Leistungen gibt es bislang nicht. Die Lastenverteilung zwischen Waldbesitz und der Öffentlichkeit muss neu justiert werden. Eine Abgeltung von Gemeinwohlleistungen hat sich dabei auf alle Waldbesitzarten zu erstrecken. Bislang wird bei der Waldbewirtschaftung überwiegend die Holzproduktion gefördert. Umweltleistungen, die allen dienen, werden nur ansatzweise unterstützt. Die Neugestaltung der forstlichen Fördersysteme ist überfällig und muss dem Grundsatz „öffentliches Geld für öffentliche Leistungen“ folgen. In diesem Sinne fordern wir die Honorierung der Ökosystemleistungen des Waldes (insbesondere die Erholungs- und Gesundheitsfunktion sowie die touristische Wertschöpfung) durch die Gesamtgesellschaft (also aus Steuergeldern). Individuelle und gemeinnützige Erholungsaktivitäten sollen grundsätzlich kostenlos bleiben.”
Unsere gemeinsame Zielsetzung ist daher weiterhin:
- bundesweit einheitliches, entgeltfreies und verständliches Wegerecht für alle durchsetzen und einzelne Sperrungen dort zu akzeptieren, wo es berechtigte Gründe gibt (z. B. Naturschutz, Gefahrenstellen). Das Reiten, das Fahren mit Kutschen und Gespannen sowie das Fahren mit Fahrrädern, Pedelecs (§ 1 Absatz 3, StVG) und sonstigen betriebserlaubnisfreien Fahrzeugen im Wald ist nur auf Straßen und Wegen zulässig.
- Bürokratieabbau: mit der sogenannten Negativbeschilderung werden nur Betretungsverbote ausgeschildert. Dieses System lässt sich auch über digitale Medien und Navigations-APPs gut umsetzen.
- Rücksichtnahme macht Wege breit: Natursport (auf natur- und gemeinverträgliche Weise) ist auf allen befestigten und naturnahen Wegen erlaubt, auf denen ein gefahrloser Begegnungsverkehr möglich ist.
- Wege-Markierungen dienen nur als Orientierungshilfen für alle Erholungsnutzer gleich. Durch eine Kennzeichnung als Weghinweis darf keine Nutzergruppe ausgeschlossen werden.
- gleichberechtigtes Wegerecht macht eine Trennung der Nutzungsarten (Spazierengehen, Wandern, Radfahren, Reiten, Kutsche fahren, Geocaching etc. pp.) in der Regel unnötig.
- zum Erhalt und Rewilding-Maßnahmen von Naturwegen, sollten in der heutigen Zeit keine Wege mehr versiegelt oder geschottert werden.
2024-11-29_SN-BWaldG-E_VFD.pdf1 MB
2024-11-29_PM_VFD_SN_BWaldG-E.pdf186.8 kB
Weitere Veröffentlichungen der VFD zu dieser Thematik:
2021 Von der Waldkrise zur nachhaltig ökologischen und generationengerechten Waldwende
Wir brauchen dringend einen Paradigmenwechsel im Umgang mit unseren Wäldern.
2022 „Zukunftsdialog Wald“
2023 Zukunftsdialog Wald - Waldkongress
2024 Statement des AK Recht - zum offenen Verbändebrief an Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir
Ein Plädoyer für einheitliche Landeswaldgesetze