Übers Gespann- und Kutschenfahren
Fahrer kennen sich meist gut mit dem Reiten aus, doch Reiter häufig nicht mit dem Fahren.....

Der bundesweite Fahrbeauftragte der VFD, Horst Brindel, referierte an diesem Abend über die Faszination „Fahren“.

Herr Rudolf Volke begrüßte die ca. 35 Besucher und stellte erfreut fest, dass bereits einige Fahrer unter diesen waren. Er wies auf die bevorstehenden Termine dieses Jahres hin
29.04.2012 St. Georgenritt in Baunach
30.04.2012 Fachvortrag Hufrehe
11.05.2012 Fachvortrag Mächtige Pflanzenhelfer für das Pferd
28.09.2012 Zirkuslektionen

und erzählte, wie es zu dem Vortragsthema gekommen ist. Bei der Faszination Pferd 2011 in Nürnberg hatte die VFD den Fahrsimulator dabei und stellte fest, dass Jung und Alt sich sehr rege dafür interessierten. Das brachte die Verantwortlichen auf die Idee, dies einmal als Veranstaltung zu planen. Was für eine wunderbare Idee, denn Horst Brindel merkte gleich zu Beginn an, dass Fahrer sich gut mit dem Reiten auskennen doch Reiter meist nicht mit dem Fahren! Da mussten wir alle doch schon in uns hineinschmunzeln. Ist Fahren wirklich etwas für in die Jahre gekommene Leute?

Nicht wirklich…. denn das Fahren ist weitaus älter als die Reiterei. Die Ursprünge lagen in der „Schleppe“ mit Wildeseln. Viele kennen diese wohl eher aus den Indianerfilmen, wenn sie Ihr Hab und Gut oder die Verletzten darauf legten. Über den Streitwagen und die landwirtschaftliche Anspannung ging es dann hin zum sogenannten kultivierten Fahren.

Dass dies aufwändiger als das Reiten an sich ist, scheint wohl allen klar. Allein das Putzen (wenn im Mehrspänner) und Anschirren sowie das Pflegen der Ausrüstung und der Kutsche. Und ohne Hilfe ist es auch nicht so einfach. Ein Reiter kann da ganz nach Belieben loslegen. Beim Kutsche fahren muss da viel mehr Zeit und Equipment und auch Helfer mit eingeplant werden. Mit „schnell mal in den Stall und die Pferde bewegen“ ist es da wohl nicht getan. Somit ist das Fahren doch etwas Intensiveres.

Die verschiedenen Fahrstile sind gewachsen. Dies hat historische, modische und soziale Ursachen. Wo kommen diese her? Wie ist das Umfeld, das Gelände und für was waren diese dienlich? Alles hat seine Beweggründe und damit auch seine Wurzeln. Für uns ist doch eher wichtig, wie beim Reiten auch, welchen Zweck möchte ich verfolgen? Möchte ich auf Turniere oder als reine Freizeitbeschäftigung diesem Sport frönen.

Heutzutage gibt es in Deutschland in etwa 90.000 Fahrer. Davon sind
Ca. 7 % Turnierfahrer
Ca. 20 % Brauchtum
Ca. 5 % Tradition
Ca. 5 % Distanzfahrer
Ca. 60 % Freizeit- und Gelegenheitsfahrer
die anderen 3 % lassen sich wohl nicht zuordnen :-)

Also fahren ca. 50.000 Fahrer aus reinem Hobby durch die Bundesrepublik. Und das meist völlig unorganisiert. Deshalb hakt genau hier der VFD ein und möchte durch Aufklärung und Ausbildung auch diese Gruppe auf einen guten Stand des Wissens und der Fertigkeiten bringen.

Im Vordergrund steht vor allem bei jeder Art des Fahrens: Zweckmäßigkeit und Sicherheit sowie die optimale Pferdeschulung und Ausbildung. Das schonende umgehen mit dem Gespann ist eine Selbstverständlichkeit. Der VFD ist offen für alle Fahrlehren. Unterm Strich haben die Griffe und Geschicklichkeiten ein Ziel: ein schonendes Handling bis hin zum „telepathischen Fahren“ – was die Reiter ja nun auch kennen sollten. Aus Fahrtechnik wird also Fahrkunst!

Die Ausrüstung umfasst die Pferde, die Wagen und natürlich die Menschen in Form von Fahrer, Beifahrer, Gäste und Passagieren. Selbstverständlich ist hier eine solide Ausrüstung erforderlich, gute zuverlässige Pferde und ausgebildete Fahrer sowie qualifizierte Beifahrer. Die gesetzlichen Grundlagen sind die StVo und die StVZo. Die Anforderungen sind in der ARPO der VFD verankert.

Es gibt in Deutschland keinen Kutschführerschein für private Zwecke. Also ist eine Ausbildung an sich nicht notwendig. Allerdings gibt es strafrechtliche Relevanzen bei grober Fahrlässigkeit. Die Pferde dürfen nicht scheuen oder widersetzlich sein. Der Fahrer trägt immer die Verantwortung! Deshalb ist es wichtig, ein Fahrabzeichen zu machen, schon allein wegen der Versicherung. Dort wird die Leinenführung geübt, die Griffe automatisiert, grundlegende Kenntnisse in Haltung, Pferdekunde, Fahrzeug- und Geschirrkunde vermittelt und ein Erster Hilfe Kurs ist selbstverständlich Pflicht.

Der Reiter fühlt, der Fahrer sieht und hört. Er sitzt hoch auf dem Bock um über das Pferd hinwegzusehen, am Beifahrer vorbei und zu den Gästen oder dem Rückverkehr nach hinten. Er hört den Taktklang und auch ob an einer Kreuzung Verkehr kommt. Die Hand des Fahrers ist der Knackpunkt. Das Pferd lernt durch das nachgeben der Leinen und benötigt die Anlehnung. Diese gibt ihm Sicherheit um sich auszubalancieren. Dafür ist der EFI (Echtfilmsimulator) gut zum Üben geeignet.

Die Pferdeauswahl spielt genauso eine Rolle wie die Qualität des Equipments. Hier zählt auch: lieber gleich was ordentliches als billiges zum wieder weg schmeißen. Der Wagen muss die gesetzlichen Mindestvoraussetzungen erfüllen und das Größenverhältnis Pferd – Wagen stimmig sein.

Täglich müssen die Kriterien abgewogen werden. Wetter, eigenes Empfinden, Pferdeform, Gesundheitszustand usw. Die Pferde ziehen in normalem Gelände ihr Eigengewicht x 3. In bergigem Gelände x 2 und bei steilem Gelände gilt 1 : 1. Das Fahren kann selbstverständlich auch als Wanderfahren genutzt werden. Tagelang mit seinem Gespann durch die Natur zu reisen schmiedet Fahrer und Pferde zusammen.

Das FAZIT:

Handwerkliches sauberes Fahren wird durch dauerndes Üben und Fortbilden, wenn alle Voraussetzungen erfüllt werden und die Pferde dadurch gut ausgebildet und trainiert werden zur Fahrkunst. Souveränes (fast telepathisches) Fahren. Dies ist auch als Freizeitfahrer möglich!

Das Vertrauen des Pferdes ist ein Geschenk!

Horst Brindel stellte für unsere Region noch den Übungsleiter der VFD Herrn Martin Vogel aus Michelau vor. Beide beantworteten alle aufkommenden Fragen und rundeten diesen interessanten Abend ab.

 

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