Am 14. Juni reiste Uwe Brolle von der Outdoor First Aid Academy extra für unseren Kurs „Erste Hilfe bei Reitunfällen“ aus der Schweiz nach Neustadt-Mandelsloh auf die Reitanlage von Katja Berger.
Die acht Teilnehmer hatten eine nicht ganz so weite Anreise, kamen teils aber auch aus der Deister-Region und aus Achim.
An dem Kurs nahmen außerdem zwei Statisten teil, die als Verunfallte filmreif und realitätsgetreu geschminkt wurden. Diese bekamen geheime Anweisungen per Funk vom Trainer.
Nach einer Vorstellrunde durfte sich die Gruppe zwei Erste Hilfe Täschchen nach eigenem Ermessen zusammen stellen. Dann ertönte schon ein Hilferuf aus der Boxengasse. Ein Junge lag regungslos in einer der Pferdeboxen. Die Mutter hatte ihm verboten, in die Box zu gehen und er hatte es trotzdem gemacht. Was dann passiert war, wusste sie nicht.
Die Gruppe näherte sich zögerlich dem Jungen... eine Teilnehmerin, deren letzter Kurs 25 Jahre her war, fragte: „ Macht man heutzutage noch die stabile Seitenlage?“
Eine andere Teilnehmerin wollte sofort den Notruf wählen.
Uwe hatte die Gruppe ganz bewusst nicht großartig vorbereitet, da er erst mal sehen wollte, wie der Stand der Teilnehmer war. In der Besprechung wurde die Situation dann in kleinen Schritten erläutert.
Der, der sich am Kopf befindet, gibt die Anweisungen, was zu tun ist. Wenn dieser überfordert ist oder nicht mehr weiter weiß , gibt er die Führung an einen anderen ab. Zuerst sollte geprüft werden, ob der Verunfallte ansprechbar ist. Wenn nicht, kann man auch einen Schmerzreiz setzten und gucken, ob es eine Reaktion darauf gibt. Dann sollte die Atmung kontrolliert werden. Wer atmet, hat auch einen Puls und somit einen Herzschlag. Danach wird ein sogenannter Bodycheck durchgeführt, um Verletzungen aufzuspüren. Der bewusstlose, selbstständig atmende Patient wird in die stabile Seitenlage gebracht und der Notruf abgesetzt. Für die Wärmeerhaltung wird der Patient zugedeckt.
Es schloss sich eine Vorstellung von Spezialverbandstoffen an, die auch eine ein händige Handhabung zulassen und auch so groß sind, dass diese am Pferd verwendet werden können. Uwe zeigte verschiedene Verbände und Materialien an den Teilnehmern.
Dann hieß es wieder Täschchen packen. Dieses Mal fiel die Entscheidung, was eingepackt wird, schon wesentlich leichter.
Von vor der Reithalle hörte man lautes Geschrei.... Die Stallhilfe hatte eine andere Person mit dem Trecker erfasst. Bei dem starken Bremsmanöver ist die Treckerfahrerin mit dem Kopf auf das Lenkrad geprallt. Ihr lief Blut von der Stirn. Die angefahrene Person blutete auch an mehren Wunden und ihr fehlte ein Zahn.
Die Teilnehmergruppe teilte sich sofort und eilte den Verletzten zu Hilfe. Man verschaffte sich einen Überblick und alarmierte die Rettungsleitstelle. Diese wollte auch sogleich Hilfe losschicken, es würde aber dauern, bis diese in dem ländlichen Gebiet eintreffen würde. Die Ersthelfer halfen der schockierten Fahrerin aus dem Trecker, setzten diese an das Rad des Treckers und versorgten die Wunden der beiden Personen mit Verbänden und sprachen ihnen gut zu. Das Gebiet um die Unfallstelle wurde abgesucht, um auszuschließen, dass es noch mehr Beteiligte gab. Dabei wurde auch der Zahn gefunden und in eine sterile Kompresse zur Aufbewahrung und späteren Mitgabe an das Rettungsdienstteam gelegt.
Wenig später meldete sich die Rettungsleitstelle, dass der Rettungshubschrauber wegen eines aufziehenden Sturms nicht starten könne und sich die Ankunft der Rettungswagen deshalb auch verzögern würde. Die Helfer sollten die Verletzten in die Reithalle evakuieren, da auch mit einer Windhose zu rechnen sei.
Bei diesem Unfall gingen die Teilnehmer schon viel mutiger mit den Gegebenheiten um. Sie hatten schon gelernt als Gruppe zu agieren und welche Schritte der Ersten Hilfe nacheinander zu folgen hatten. Uwe war sehr zufrieden.
Nach der Mittagspause stellte der Kursleiter einen Massenkrankheitsfall (Lebensmittelvergiftung) mit 6 Bewusstlosen, die weit verstreut auf einer Wiese lagen, nach. Nur 2 Teilnehmer mussten sich den Überblick verschaffen. Diese involvierten sogleich eine „Spaziergängerin“ in das Geschehen und wiesen sie an, den Notarzt zu verständigen. Alle Bewusstlosen wurden in die stabile Seitenlage gebracht und weiter beobachtet.
Die nächste Szene hatte 3 Opfer. Beim Einparken des Pferdeanhängers, machte die Person am Anhänger diesen zu früh auf und die Klappe fiel herunter, als die Fahrerin des Autos nochmal zurücksetzte und begrub den Helfer unter der Anhängerrampe. Durch den lauten Knall beim Herunterpoltern erschrak das zu verladende Pferd, welches hinter dem Anhänger wartete und zog dem Pferdehalter den Strick durch die Hand. Blut schoss aus der Wunde. Die PKW-Fahrerin erlitt einen Schock hinter dem Steuer.
Schnell teilte sich die Gruppe auf, verschaffte sich einen Überblick, alarmierte den Rettungsdienst und versorgte alle Verletzten. Uwe zeigte im Anschluss noch das Herausholen des Fahrers aus dem Auto und welche Dinge man dabei beachten sollte.
Zum Abschluss „erlitt“ ein Statist einen epileptischen Anfall. Der Hilfe-Holende quetschte sich die Hand in einer Metalltür und verlor seinen Daumen. Nach Versorgung der Amputation und Rücksprache mit der Rettungsleitstelle „Uwe“, sollte die Epileptikerin in stabiler Seitenlage und Beobachtung auskrampfen. Der abgetrennte Finger wurde in eine Wundverbandverpackung gelegt und in einer Tasse mit kaltem Wasser gekühlt dem Rettungsdienst mitgegeben.
Nach jeder Szene wurde eine ausführliche Nachbesprechung abgehalten, in der jedes kleine Detail noch einmal zur Sprache kam und weitere Tipps, auch zur Unfallverhütung, gegeben wurden. Das Konzept der Unfallprävention, so wies Uwe mehrfach hin, wurde von Katja Richter entwickelt. Es beinhaltet zum Beispiel, dass man den Rettungsdienst bittet, nicht mit Martinshorn zum Einsatzort in Reitanlagen anzufahren, beim Führen des Pferdes Handschuhe zu tragen und welche Gefahren es beim Umgang mit dem Pferd und dem Anhänger gibt.
Natürlich wurde auch die Herzdruckmassage, sowie die Mund-zu-Mund- bzw. Mund-zu-Nase-Beatmung an Puppen geübt.
Nach neun Stunden ging ein "blutiger" und sehr lehrreicher Kurs zu Ende.
Unser Dank gilt Uwe Brolle für die fachliche Kompetenz und die vielen Denkanstöße, sowie den beiden Statisten Iris und Mika für die Geduld und das perfekte Spielen der jeweiligen Szenen!