von Rechtsanwältin Ortrun Voß
Nachdem der Winter sich bislang als nicht „sehr winterlich“ gezeigt hat, kann man durchaus schon auf die Gedanken kommen, jetzt mit den „Frühjahrsvorbereitungen“ zu beginnen. Besonderes Augenmerk sollte hierbei auf die Sicherheit der Pferdeweide gelegt werden. Ein Großteil der Schäden im Bereich des „Pferderechts“ befasst sich mit Haftungsfragen „Rund um die Weide“.

Glücklicherweise ist es inzwischen fast überall üblich geworden, dass Pferde -zumindest stundenweise - auf die Weide gestellt werden. Hiermit sind jedoch viele Risiken und Gefahren verbunden!

Wenn Pferde auf der Weide stehen, bedeutet dies neben Bewegung und Frischluft auch Risiken für die Pferde selbst, sodann für Personen, die die Pferde zur Weide bringen, für Personen, die befugt oder unbefugt die Weide betreten und nicht zu vergessen Risiken für dritte Personen, wenn Pferde von der Weide ausbrechen.
Von besonderer Bedeutung ist daher das Thema: „Sicherheit der Pferdeweide“. Selbstverständlich sollten hier auch möglichst Verletzungsrisiken für die Pferde ausgeschlossen werden. Insbesondere bedarf der Weidezaun einer genauen Überprüfung. Ein Weidezaun muss nach der Rechtsprechung mindestens 1,20 m hoch sein (OLG Celle, Urteil vom 16.01.2000). Er muss regelmäßig kontrolliert werden. Befindet er sich in der Nähe einer befahrenen Landstraße ist sogar eine tägliche Kontrolle Pflicht. (OLG Hamm, Urteil vom 16.12.1988). 
Laut Empfehlung zur Freilandhaltung von Pferden des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten wird für einen Standardkoppelzaun sogar eine Höhe von 1,20 bis 1,50 m, je nach Pferdebestand, gefordert. Die Pfähle sollen aus Hartholz, Beton oder Stahlrohr sein. Der Pfahlabstand soll sich auf 2,60 bis 4 m belaufen. Es werden zwei bis drei Holzriegel gefordert. Diese Riegel sollen mindestens 4 cm stark sein. Der oberste Riegel muss sich auf einer Mindesthöhe von 1,20 m befinden.
Weitere Möglichkeiten der Weideeinzäunung sind Zäune mit Bändern aus Förderbandgummi (7 bis 10 cm stark), die gespannt werden müssen.
Elektrozäune genügen als alleinige Außenzäune nur dann, wenn sie deutlich sichtbar sind und regelmäßig kontrolliert werden. Bei ganzjähriger Weidehaltung kann eine alleinige Einzäunung mit Elektrozäunen unzureichend sein, sie sollte durch eine feste Einzäunungsart ergänzt werden. Auch muss bei der Verwendung der Elektrozäune die Spannung regelmäßig kontrolliert werden. Hecken als alleinige Einzäunung sollten mindestens 1,50 m hoch und 60 cm breit sein. Etwaige Schwachstellen müssen zusätzlich gesichert werden. Weidetore sind unbedingt gegen unbefugtes Öffnen durch Dritte mit einem Schloss zu sichern.
Die vielen tragischen Verkehrsunfälle, die daraus resultieren, dass die Einzäunung von Pferdeweiden in unzureichender Qualität war, sind pressebekannt. In diesem Zusammenhang machen sich die Eigentümer von Pferden, die auf „unzureichend“ eingezäunten Weiden stehen, keine Gedanken darüber, dass die so genannte Tierhalterhaftung eine reine Gefährdungshaftung ist. Dies bedeutet, dass kein Verschulden vorausgesetzt wird, wenn ein Pferd einen Schaden adäquat kausal verursacht hat. Sogar eine mittelbare Mitverursachung ist insoweit ausreichend.
Um dies wenig plastischer zu gestalten, sei folgendes Beispiel erwähnt:
Ein Tier hat bereits dann den Tod eines Motorradfahrers adäquat kausal verursacht, wenn es eine Straße blockiert und der Motorradfahrer deshalb zu einer Vollbremsung genötigt wird, stürzt und dabei zu Tode kommt. In diesem Fall, den das OLG Saarbrücken zu entscheiden hatte, hat das Gericht als eigentliche Ursache für den Tod des Motorradfahrers die Tatsache angesehen, dass Pferde ausgebrochen waren und ein Hindernis auf einer Fahrbahn bildeten. Aus rechtlicher Sicht sei es belanglos, ob und mit welchem Pferd das Motorrad dann tatsächlich kollidiert sei. Eine Haftung nach der Tierhalterhaftung gemäß § 833 Satz 1 BGB sei auch gegeben, wenn der Motorradfahrer mit keinem der Pferde kollidierte, sondern bei einem Ausweichmanöver zu Fall gekommen wäre.
Die auf der Fahrbahn befindlichen Pferde hätten ein einheitliches Hindernis dargestellt, wobei von jedem Pferd die gleiche Gefahr ausgegangen sei. Es sei allein vom Zufall abhängig, ob und mit welchem der Pferde das Motorrad schließlich kollidierte oder eine Kollision stattfand oder der Motorradfahrer beim Ausweichen verunglückte. In allen Fällen hafteten deshalb alle Tierhalter aller ausgebrochenen Pferde gesamtschuldnerisch. Das OLG hat hier auch die so genannte typische Tiergefahr verwirklicht. Das Ausbrechen eines Pferdes und das nachfolgender unkontrollierte Entlaufen entspringe der Unberechenbarkeit tierischen Verhaltens und der dadurch hervorgerufenen Gefährdung (OLG Saarbrücken, Urteil vom 17.01.2006). Es obliegt den Pferdehaltern, sich untereinander darüber zu streiten, wie sie die Schadensersatzforderungen untereinander aufteilen. Grundsätzlich kann der Geschädigte gegenüber jedem Pferdehalter seinen gesamten Schaden geltend machen.
In diesen Fällen –wie dem vorgeschilderten- zeigt sich dann, welche weit reichende Folgen es haben kann, wenn eine Einzäunung nicht ordnungsgemäß und sicher ist.
Grundsätzlich kann derjenige, der zu gewerblichen Zwecken Pferde hält, sich nach einem durch ein entlaufenes Pferd verursachten Verkehrsunfall von der Tierhalterhaftung grundsätzlich nur dann nach § 833 Satz 2 BGB entlasten, wenn er für den Fall seiner Abwesenheit vom Gehöft Vorsorge gegen unbefugtes Freilassen der Pferde durch Dritte getroffen hat (OLG Nürnberg, Urteil vom 06.04.2004,
Az. 9 U 3987/03). Dies bedeutet, dass all diejenigen, die gewerblich Pferde halten, besondere Obacht walten lassen müssen.
Was ist aber, wenn das eigene Pferd auf der Wiese verletzt wird oder ein anderes Pferd auf der Weide verletzt? Grundsätzlich verhält es sich so, dass jeder Pferdehalter für die von seinem Pferd ausgehende so genannte „typische Tiergefahr“ haftet. Dies ist in § 833 Satz 1 BGB geregelt. § 833 Satz 1 BGB besagt, dass jeder Tierhalter für den durch sein Tier verursachten Schaden, unabhängig von einem Verschulden, haftet.
Dies begründet sich darin, dass ein Tierhalter –in den Augen des Gesetzgebers- allein durch die Haltung eines Tieres eine potenzielle Gefahrenquelle für Dritte schafft, für die er Dritten gegenüber auch einstehen soll. Aus diesem Grunde kann jedem Tierhalter nur dringend angeraten werden, für sein Pferd eine Tierhalterhaftpflichtversicherung zu unterhalten.
Eine Ausnahme zu dem Vorgesagten gilt nur für Nutztierhalter. Ein Nutztierhalter hat die Möglichkeit, den so genannten Entlastungsbeweis zu führen. Den Nutztierhalter trifft dann keine Haftung, wenn er beweist, dass er am Schadensfall schuldlos ist. Dies ist genau dann der Fall, wenn er bei der Beaufsichtigung des Tieres die erforderliche Sorgfalt hat walten lassen, oder der Schaden auch dann entstanden wäre, wenn er diese Sorgfalt eingehalten hätte. Ein Nutztierhalter ist ein Tierhalter dann, wenn er das Tier in Verbindung mit der Ausübung seines Berufes hält und mit der Haltung seinen Unterhalt bestreitet.
Die Haftung eines Tierhalters setzt also voraus, dass einem Dritten ein Schaden durch das Tier verursacht wurde. Tierhalter ist in diesem Zusammenhang derjenige, der die Bestimmungsmacht über das Tier hat, aus eigenem Interesse für die Kosten des Tieres aufkommt, den allgemeinen Wert und Nutzen des Tieres für sich in Anspruch nimmt und das Risiko seines Verlustes trägt. Mithin muss der Tierhalter nicht personenidentisch mit dem Eigentümer des Tieres sein.
Bei Weideunfällen gibt es zwei immer wiederkehrende Situationen:
1. Der Unfall wurde beobachtet (d.h. es ist bekannt, welches Pferd das andere verletzt hat)
 2. Der Unfall wurde nicht beobachtet (d.h. theoretisch kommen alle als Verursacher in Betracht)
Zur 1. Fallvariante lässt sich feststellen, dass der Halter des verletzten Tieres dann, wenn er beweisen kann, welches Tier den Schaden verursacht hat, den Pferdehalter des schädigenden Pferdes für den entstandenen Schaden –also Tierarztkosten, Fahrtkosten zum Tierarzt, gegebenenfalls Minderwert des Pferdes usw.- in Anspruch nehmen kann.
Die 2. Fallvariante gestaltet sich problematischer. Eine solche Konstellation musste das Oberlandesgericht Köln entscheiden. Das Pferd der Klägerin wurde schwerverletzt –mit offener Fraktur- auf der Weide aufgefunden. Der sofort hinzugezogene Tierarzt kam zu dem Ergebnis, dass die Schlagverletzung nur durch einen Huftritt eines anderen Pferdes hervorgerufen sein konnte. Welches der anderen Pferde diese Verletzung verursacht hat, konnte jedoch nicht festgestellt werden. Das OLG Köln kam zu dem Urteil, dass bei Ausscheiden einer Selbstverletzung des verletzten Pferdes davon auszugehen sei, dass ein Hufschlag Ursache des Schadens sei.
Da nicht festgestellt werden könne, welches der Pferde den Schaden verursacht habe, haften alle anderen Pferdehalter für den eingetretenen Schaden als Gesamtschuldner. In einem solchen Fall sei eine eigene Tiergefahr des geschädigten Pferdes nicht in Anrechnung zu bringen, denn dafür, dass sich tatsächlich eine eigene Tiergefahr verwirklicht habe, seien die Halter der anderen Pferde beweispflichtig.
Da niemand den Unfall beobachtet habe, sei eine mitwirkende Tiergefahr nicht beweisbar und könne daher auch nicht berücksichtigt werden. Man sollte sich daher immer dessen bewusst sein, dass man als Pferdehalter mithaftet, auch wenn das eigene Pferd gar keinen Schaden verursacht hat.
Zu den weiteren Risiken, die in Verbindung mit Menschen stehen, die befugter- oder unbefugtermaßen Kontakt mit Weidepferden haben, seien exemplarisch folgende Urteile zitiert:
1. BGH Urteil vom 30.11.1965  
 Angesichts der beträchtlichen Gefahren, die ein frei umher laufendes Pferd –zumal bei Dunkelheit- für den Verkehr auf einer Bundesstraße bedeutet, sind an den Entlastungsbeweis des Halters, der das Pferd in einem neben der Straße gelegenen Weidegarten zu verwahren pflegt, strenge Anforderungen zu stellen. Dabei ist von der Pflicht des Halters auszugehen, das vom Weidegarten zur Straße führende Tor nicht nur gegen ein Öffnen durch die dort befindlichen Tiere, sondern nach Möglichkeit auch gegen Manipulationen von Unbefugten zu sichern.
Die Betriebsgefahr eines mit mäßiger Geschwindigkeit fahrenden KFZ, dem bei Dunkelheit plötzlich ein frei umher laufendes Pferd in die Fahrbahn springt, tritt hinter der Tierhaftung völlig zurück.
2. OLG Düsseldorf, Urteil vom 18.10.1990
Werden Tiere (hier Pferde) zweier Tierhalter gemeinsam auf eine Weide gebracht, so greift die gesetzliche Tierhalterhaftung, wenn das Tier eines Halters durch Tiere des anderen Halters verletzt wird.
3. OLG Düsseldorf, Urteil vom 05.05.2000
Wenn ein Pferdehalter sein Pferd auf eine für Fußgänger allgemein zugängliche Weide stellt, dann haftet er dafür, dass sein Pferd einen Fußgänger nicht verletzt.
Die Haftung wird nicht ausgeschlossen durch ein Warnschild im Zugangsbereich mit dem Hinweis „Betreten auf eigene Gefahr“. Ein Betreten auf „eigene Gefahr“ kann in diesem Zusammenhang nur so verstanden werden, dass die Haftung für übliche Gefahren ausgeschlossen wird. Zu solchen Gefahren gehört nicht, dass ein Spaziergänger ohne Grund von einem Pferd getreten und verletzt wird.
Weitere Informationen zu Ortrun Voß und ihren Fällen gibt es unter http://www.rechtsanwaeltin-voss.de/

Bilder:

Rechts-Tipp im Februar: Sicher auf der Weide

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