Giftpflanzen aus Sicht der alternativen Tierheilpraxis. Ein Bericht der Tierheilpraktikerin Annette Walentin Tierheilpraktikerin mit Schwerpunkten Homöopathie, Akupunktur, Horsemanship; THP‐Dozentin an den Paracelsus Schulen Würzburg und Nürnberg

Seit einigen Jahren sind Giftpflanzen – allen voran Herbstzeitlose und Jakobskreuzkraut – groß in Mode, besser gesagt, in aller Munde. Dies führte dazu, dass fast jeder Pferdebesitzer in den letzten Jahren schon einmal Angstvorstellungen hatte, sein Pferd könnte sich auf der Wiese an diesen gütlich tun und danach das Zeitliche segnen …

Widersprüchlich finde ich dabei, dass mir in meiner 10‐jährigen Praxis viele chronisch vergiftete Pferde begegnen, die als solche nicht erkannt werden, die aber nicht mehr viel „Giftiges“ benötigen, um dadurch ernsthaft bis lebensbedrohlich zu erkranken: eben der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt!
Es ist egal ob dieser Tropfen eine Giftpflanze ist, die das Pferd von den Beinen holt – oder die Rundum‐Wurmkur, die Mehrfach‐Impfung, Medikamente, ein Ballen schimmeliges Heu oder Hafer, der etwas unansehnliche Rest Silage, den man noch verfüttern wollte … Das bisschen wird dem Pferd schon nichts ausmachen, heißt es dann häufig. Ein „vergiftetes Pferd“ ist offenbar nur dann an Gift erkrankt bzw. gestorben, wenn es eine identifizierte Giftpflanze war.
Die Hufrehe, die im Januar bis zum Ausschuhen führte, weil schimmelige Silage über viele Wintermonate hin gefüttert wurde, wird als „Cushing‐Syndrom“ bezeichnet, von „Gift“ ist keine Rede – dabei ist Cushing nichts anderes als eine extreme Stoffwechselentgleisung, die die Folge einer sich in den meisten Fällen über viele Jahre sehr langsam aufbauenden Vergiftung des Organismus durch einen dauerhaft überlasteten Stoffwechsel ist.
Ein Pferd, das einige Stunden nach Gabe einer Wurmkur, die stoffwechselverträglich für ein gesundes Pferd ist, aber doch in hohem Maß die Entgiftungsorgane Leber und Niere beansprucht, auf der Wiese mit Kreislaufversagen zusammenbricht, ließe eine bereits vor der Verabreichung der Wurmkur vorliegende Leber‐Intoxikation vermuten – aber keiner spricht von einer Vergiftung.
Mit Schimmelpilz verseuchtes Heu wird über das Winterhalbjahr gefüttert, der halbe Stall hustet, die Pferde bekommen Medikamente (noch mehr „Gift“) gegen den Husten – aber nichts hilft wirklich, erst wenn die Pferde wieder auf der Wiese sind, ist der Husten weg. Jedes Jahr geht das so, bis die älteren Tiere langsam eine chronische Bronchitis entwickeln. Aber die Giftstoffe des Schimmelpilzes im Heu oder die völlig mit Zusatzstoffen überfrachteten Müslis, Pülverchen und Nitrat‐Karotten, die kiloweise ans Pferd gefüttert werden und damit dem Stoffwechsel Giftmüll zu entsorgen geben, dafür verantwortlich zu machen, darauf kommen die wenigsten. Viel eher vermutet sogar der Tierarzt bei einem Blutbild mit schlechten Leber‐ oder Nierenwerten, dass die Pferde im Sommer ein paar Pflanzen Jakobskreuzkraut gefressen hätten.
Wo ist der natürliche Instinkt der Pferde geblieben, Giftpflanzen zu erkennen und links liegen bzw. stehen zu lassen? Wenn doch die Pferde in den „guten alten Zeiten“ Giftpflanzen offenbar noch erkennen konnten, woran liegt es dann, dass heute immer mehr Pferde Giftpflanzen fressen, obwohl sie genügend anderes Nahrungsangebot hätten? – und ich spreche nicht vom absoluten Extrem der abgegrasten Weide, auf der nur noch Giftpflanzen stehen, die Pferde nichts zugefüttert bekommen und der Zaun so ausbruchssicher ist, dass er eine Nahrungssuche in Nachbarsgarten verhindert!
Ein Grundproblem ist wohl, dass das „täglich Brot“ des Pferdes – Rau‐ und Kraftfutter – schon so voller toxischer Stoffe ist, dass sich mit der Zeit der innere Regler des Organismus auf „leichte Gifte in der Nahrung erlaubt“ stellt und die Pferde dann tatsächlich auch schimmeliges Heu und Stroh fressen – nur einige wenige verweigern dies und werden dann vom Menschen als „empfindlich“ bezeichnet; im Prinzip sind dies aber die Pferde mit dem gesunden Instinkt! Sie werden wohl keine Giftpflanzen auf der Wiese auswählen …
Frisst das Pferd über längere Zeit minderqualitatives Futter, haben die Entgiftungsorgane irgendwann keine Kapazitäten mehr frei für Zusätzliches, sei es die Impfung, die Wurmkur oder die Giftpflanze.
Viele Pferdebesitzer kaufen ohne Nachzudenken alles, was ihnen die Industrie als „gesund“ anpreist und füttern alles, was der Landhandel als „Heu, Stroh und Hafer“ deklariert. Sie bekommen gar nicht mit, wie viele belastende Stoffe und Giftstoffe sie da tagtäglich ihrem Pferd zumuten – so manches Pferd wird im Laufe der Jahre zum wandelnden „Giftmüllfass“, dass aus allen möglichen Lecks (Hautporen, Augen, Nase, Darmöffnungen, Wunden etc.) seine giftige Suppe loswerden möchte, aber häufig erfolgreich daran gehindert und mit noch mehr giftigen Substanzen, die teilweise sogar als „Heilmittel“ bezeichnet werden, vollgestopft wird.“ In der gutgläubigen Meinung, damit dem Pferd zu helfen.

Wo liegt jetzt die Lösung? – Weniger ist mehr!

Da das Pferd ein Wunder an Genügsamkeit ist, sollten wir umdenken in Richtung: Weniger ist mehr! Heu, Stroh, Hafer oder eine aufgeschlossene Getreidemischung (Dinkel, Gerste, Mais) plus Mineral‐ und Salzleckstein – dies alles in der richtigen Qualität und Menge für den jeweiligen Pferdetyp. Mehr braucht ein gesundes Pferd nicht!
Das wichtigste Grundfutter in der Pferdeernährung im Winter ist qualitativ hochwertiges Raufutter und hier natürlich insbesondere das Heu. Leider ist die Qualität des Heus je nach Erntezeitpunkt und Witterungsbedingungen bei der Ernte nicht immer optimal. Die Fütterung von minderwertigem Heu oder Stroh kann aber schnell Erkrankungen des Magen- und Darmtraktes auslösen. Schimmelpilze im Heu kann man durch gräulich‐weiße Beläge (Batzen), einen muffigem Geruch oder durch vermehrte Staubentwicklung erkennen. Bei Schimmelbefall ist Vorsicht geboten, bitte das Heu großflächig wegwerfen! Sie tun Ihrem Pferd etwas Gutes, wenn Sie das Heu regelmäßig und kompromisslos überprüfen – im Winter wie im Sommer. Im Zweifelsfall können Sie eine Heuprobe zur Qualitätsuntersuchung einschicken.
Leckerchen sollten Leckerchen bleiben und nicht zur Zusatznahrung umfunktioniert werden. In den billigen Möhren steckt zu viel Nitrat – wenn schon, dann bitte Biomöhren! Äpfel übersäuern den Organismus des Pferdes, wenn sie dauerhaft in größeren Mengen (mehr als 1–2 pro Tag/600 kg Pferd) gefüttert werden. Brot belastet den Stoffwechsel mit seinem hohen Phosphatgehalt bei dauerhafter Fütterung von mehr als 1–2 Scheiben pro Tag/600 kg Pferd. Bananen sind für ein Pferd nur in der Menge 1 Banane pro Monat/600 kg Pferd wirklich verstoffwechselbar. Alles was über die monatliche Banane hinausgeht, belastet den Stoffwechsel, da das Kalium der Banane vom Pferd nicht gut abgebaut werden kann – im Gegensatz zum Menschen, der damit keine Probleme hat.
Auch Mash hat bei einem gesunden Pferd keinen zusätzlichen Nutzen, sondern ist eine Belastung für den Stoffwechsel. Den Nutzen hat nur die Psyche des Menschen, der seinem Vierbeiner im kalten Winter einen warmen Brei zukommen lassen möchte – denn der Mensch weiß genau, wie gut ihm selbst das tut! Nur wärmt der Brei schon längst nicht mehr, wenn er im Pferdemagen angekommen ist. Mash ist Rekonvaleszenten‐Futter. Ein gesundes Pferd braucht gesunde natürliche Pferdenahrung – was Mash nicht ist. Auch vorbeugende Fütterung von Hustenkräutern und ‐tees schadet mehr, als dass es nützt. Jedes Kraut und jeder Tee muss vom Organismus Pferd wieder verstoffwechselt werden – und der hat gerade genug mit dem minderqualitativen Heu, dem Nitrat in den Möhren, der Impfung, der Wurmkur etc. zu tun.
Silage ist Gärfutter und somit für das kolikanfällige Pferd nicht geeignet. Für die Kuh ist es auch nicht das beste Futtermittel, aber im Hinblick auf hohe Milchleistung und minimalen Aufwand bei der Futtergewinnung hat sich die Silage hier ihren Platz erobert. Nun hat die Kuh im Gegensatz zum Pferd ein ganz anderes Verdauungssystem, das ihr den Umgang mit Silage etwas erleichtert, zum anderen wird eine Kuh im heutigen Wirtschaftssystem nicht so alt wie ein Pferd. Pferde bekommen meist erst nach ihrem 10. – 15. Lebensjahr Probleme mit ihrem verschlackten Stoffwechsel – da weilt die Kuh schon längst auf der himmlischen Wiese. Und drittens hat eine Milchkuh die ideale Möglichkeit, Stoffwechselschlacken über ihre normalen Kanäle hinausauszuleiten: die Milch! Warum nur ist unsere Kuhmilch so belastet?
Silage ist im Pferdestall nur in Mode gekommen, weil die Heuqualität so abgesunken ist, dass viele Pferde durch schlecht geerntetes oder gelagertes verpilztes Heu an Husten erkranken. Ein guter Ersatz für Heu ist sie nicht – eine Ausnahme bildet hier die Heulage – die ein Laie von gutem Heu mit bloßem Auge kaum unterscheiden kann.
Zum Abschluss möchte ich noch ein paar Worte über die Untugend, nicht lebensmittelechte, mit Weichmachern getränkte schwarze Baubottiche und ‐eimer zum Tränken zu verwenden, anbringen: Dass so viele Pferdehalter diese Behälter benutzen, ist einerseits verständlich, da sie billig, langlebig und einfach zu bekommen sind – allerdings enthalten Sie Weichmacher, die sich während der gesamten Lebensdauer des Bottichs/Eimers in Verbindung mit UV‐Licht (Tageslicht ohne direkte Sonneneinstrahlung genügt) stetig im Wasser löst und von den Pferden aufgenommen wird. Sie sind für das Pferd leberschädigend. Über Jahre gesehen vergiften wir mit dieser „Sparmaßnahme“ unsere Pferde. Wenn der Tierarzt dann hohe Leberwerte feststellt, war es aber bestimmt die Giftpflanze oder das falsche Gras …

Annette Walentin
Tierheilpraktikerin mit Schwerpunkten Homöopathie, Akupunktur, Horsemanship; THP‐Dozentin an den Paracelsus Schulen Würzburg und Nürnberg
awalentin@t‐online.de

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