FotoKumetSeiteViele Eselhalter entdecken als sinnvolle Freizeitgestaltung mit ihren Tieren das Fahren. Die fachlich fundierte Ausbildung von Fahrer und Eseln vorausgesetzt, stellt sich die Frage: Welches Geschirr soll mein Esel bekommen? Brustblatt-, Kummet- oder Marathongeschirr? Dass die passende Ausrüstung so wichtig ist wie gut passende Schuhe erklärt Ralf Wulke.

Der Markt bietet hier mehrere Möglichkeiten. Jedoch ist es wie bei Sätteln, Trensen, Halftern und Co – fast alle Angebote sind ausgerichtet auf die Bedürfnisse von Pferden und Ponys. Auch bei der Fahrausrüstung kommt man an Maßanfertigungen fast nicht vorbei. Auch hier gilt – der Esel ist kein Pferd mit langen Ohren!

Um die richtige Wahl treffen zu können, sollte man sich seine Tiere genau anschauen. Wie breit ist die Brust, in welchem Winkel liegen die Schulterblätter, wie ist der Halsansatz etc.?

BrustblattMontageDas Brustblattgeschirr

Das Brustblattgeschirr besteht aus den Grundelementen Brustblatt, Strang, Selett oder Kammdeckel (Unterschiede bei Ein-, und Zweispännig) und dem Hintergeschirr.

Bei Zwerg- und Normaleseln bietet die Anatomie des Tieres oft keinen Platz für ein 4 bis 6 cm breites Brustblatt. Die Brust sollte mindestens die vierfache Breite des Karpalgelenkes haben. Der tiefe Halsansatz des Esels verhindert eine korrekte Lage über dem Buggelenk und unterhalb der Luftröhre. Auf dem deutlich hervorstehenden Oberarm wird durch das Brustblatt im Zug Druck ausgeübt. Das Brustblatt schränkt in Bewegung und Atmung ein. Entgegen dem Pferd hat der Esel ein deutlich kleineres Schulterblatt, kürzere Dornfortsätze und einen gerader aus den Brustwirbeln kommenden Hals.

FotoBrustblattDer Halsriemen übt oftmals bereits ohne Belastung Druck in der Widerristgrube und somit auf die darunterliegenden Dornfortsätze sowie auf das Nackenband und die Muskulatur aus.

Der Kammdeckel muss zwei Finger breit hinter dem Schulterblatt liegen und muss über eine Polsterung mit Wirbelkanal verfügen, die die Dornfortsätze frei lässt.

Bei einem gut gebauten Großesel ist das Anpassen eines Brustblattgeschirres durchaus möglich, wenn der Platz zwischen Halsansatz und Buggelenk vorhanden und die Brust breit genug ist.

FotoKumetDas Kummetgeschirr

Das Kummetgeschirr besteht aus dem Kummet, Strang, Kammdeckel bzw. Selett und Hintergeschirr.

Es bietet auch für kleinere Esel einen besseren Sitz, vorausgesetzt, die Schulter des Esels ist weder zu steil noch zu flach (ca. 45°). Die Vorteile des besseren Sitzes eines Kummetgeschirres zeigen sich dabei auch in der Zugleistung und an der Freude der Tiere beim Arbeiten vor der Kutsche.

FotoKumetSeiteIn der Praxis bewährt haben sich dabei geteilte Kummete. Diese sind den alten Kuhkummeten nachempfunden. Da die Skelettausbildung von Esel und Kuh in der Schulter ähnlich sind, bietet diese Variante auch beim Esel den perfekten Sitz des Kummets auf der Schulter.

Eine speziell an das Tier angepasste Polsterung ermöglicht eine großflächige Auflage auf dem Schulterblatt.

Besonderer Wert wurde bei diesen Kummets auf die Einfachheit und Zweckmäßigkeit gelegt. Mit nur wenigen Handgriffen ist es möglich, das Kummet aufzulegen und wieder abzuschirren. Hauptaugenmerk liegt auch bei dem geringen Gewicht.

Geschlossene Kummets finden bei Eseln selten Einsatz. Zum einen ist es schwierig, das Kummet über den großen Kopf mit den langen Ohren dem Esel aufzulegen. Zum anderen ist die Schulterpartie beim Esel deutlich schmaler ausgebildet als beim Pferd. Ein exakter Sitz des Kummets ist somit kaum möglich. Selbst der Einsatz von Unterkummeten o.ä. Hilfsmitteln und Kummetreitern führt hierbei oft nicht zum gewünschten Erfolg.

Ein nicht exakt sitzendes Kummet bereitet dem Tier Schmerzen und wird es damit an der Arbeit hindern.

Das Marathon-Geschirr

Eine weitere Möglichkeit für Esel bieten Marathongeschirre. Durch einen starren Kummetbügel ist jedoch ein exakter Sitz gerade bei kleinen Eseln oft nicht möglich. Bei Großeseln bieten diese Geschirre jedoch durchaus die Möglichkeit, die Tiere schonend zu fahren. Hierbei ist aber auch die korrekte Passform für jedes einzelne Tiere zu gewährleisten.

Da diese Kummete schwer zu ändern sind, spricht vieles gegen das Fahren von Zwerg- und Normaleseln in Marathonanspannung. Die Form, die oft der Anatomie der Pferde entspricht, muss für die Form des Esels angepasst werden.

Durch einen schlecht ausgeprägten Rippenbogen bei Zwerg- und Normaleseln und der oft ebenso schlecht ausgeprägten Gurtlage ist es schwierig, ein Selett bzw. einen Kammdeckel in der exakten Lage zu fixieren. Er hat oft die Tendenz, nach vorn zu rutschen und so durch die Bauchgurte Scheuerstellen an den Ellenbogengelenken zu verursachen.

Das Selett beim Einspänner sollte noch stärker gepolstert sein und mit dem Schweifriemen so verschnallt werden, dass ein Vorrutschen verhindert wird.

Ein großer Fehler bei der ersten Anspannung ist, wenn man „mal nur so zum Probieren“ Geschirre auflegt, welche nur irgendwo zusammengesucht sind und dem Tier in keiner Weise passen. Diese Erfahrung wird das Tier immer wieder mit dem Fahren in Verbindung bringen und nur widerwillig vor der Kutsche gehen. Wenn wir Wandern gehen, achten wir auch auf bequemes Schuhwerk.

Kein Fahrer sollte sich damit täuschen lassen, dass sein Geschirr passt, nur weil der Esel die Kutsche brav zieht. Leider wird auch hier dem Esel seine Gutmütigkeit oftmals zum Verhängnis. Denn er gibt sich alle Mühe, seine Aufgabe gut zu erfüllen, lässt sich Schmerzen leider viel zu selten ansehen. Esel leiden still! Was sich für so manchen Fahrer im Moment toll anfühlt, wird für den Esel früher oder später zu starken gesundheitlichen Problemen führen. Und irgendwann wird der fleißigste und bravste Esel dann seinen Dienst quittieren müssen. Soweit muss und darf es jedoch nicht kommen.

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Fotos: Ralf Wulke

Grafiken: Barbara Bank

 

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