VFD Positionen zu Zaumzeugen, Nasenriemen/Sperrhalfter und Gebissen
Ergebniszusammenfassung des Symposiums Zäumungen 2016 (veröffentlicht 22.12.2016)
Zäumungen dürfen nicht unabhängig von anderen Rahmenbedingungen betrachtet, sondern müssen im Gesamtkontext gesehen werden. Nachfolgende Ausführungen gelten sowohl für das Reiten, als auch das Fahren, das Voltigieren und das Longieren und beziehen sich auf alle Equiden.
Mindestanforderung für Sicherheit bei Umgang und Nutzung, sowie zur Gewährleistung des Pferdewohls:
Gegenseitiges Vertrauen und gegenseitiger Respekt zwischen Pferd und Reiter sind unabdingbar.
Grundkenntnisse über die anatomischen Zusammenhänge zur Beurteilung der gesunderhaltenden Nutzung des Pferdes müssen vorhanden sein.
Eine regelmäßige, fachgerechte Überprüfung des Gesundheitszustandes des Pferdes inklusive Pferdekopf und Maulhöhle (einschließlich Zähne) muss durchgeführt werden.
Bevor Reiter und Pferde ins Gelände gehen oder am Straßenverkehr teilnehmen, müssen die reiterlichen Grundlagen (anhalten, vorwärts, seitwärts, abwenden und alle drei Grundgangarten) beherrscht werden und das Pferd muss diesem Ausbildungsstand entsprechen.
Je besser das Sitzfundament und je zügelunabhängiger der Sitz, desto leichter und präziser die Einwirkung und Hilfengebung auf das Pferd.
Die richtige Passform und Verschnallung ist für jegliche Ausrüstung Voraussetzung zu einer pferdegerechten Nutzung.
Auf die einwandfreie Verarbeitung von adäquatem Material muss geachtet werden.
Der einwandfreie Nutzungs- und Pflegezustand von Material und Ausrüstung ist zu gewährleisten.
Regelmäßige Sicherheitsüberprüfungen werden empfohlen, um Unfälle zu vermeiden und in Schadensfällen fehlerfreies Handeln dokumentieren zu können.
Bei Einsatz von Zäumungen ist zu beachten:
Grundsätzlich sind alle Zäumungen, sowohl mit als auch ohne Gebiss, Mittel zur Kraftverstärkung. Hebel oder verkleinerte Auflageflächen bewirken eine zusätzliche Verstärkung des Druckes. Eingeschnallte Mundstücke dürfen nicht mehr als eine Hautfalte am Mundwinkel verursachen. Alle Zäumungen, insbesondere auch in Verbindung mit Hilfszügeln, müssen im Sinne des Pferdes so schonend wie möglich eingesetzt werden und dem Pferd und seinem Ausbildungs- und Gesundheitszustand angemessen sein. Eine fundierte Basisausbildung darf nicht durch Hilfszügel ersetzt werden.
Aktuelle Forschungsarbeiten weisen darauf hin, dass die Toleranzgrenze von Pferden gegenüber der Zügelkraft bei verschiedenen getesteten Zäumungen mit und ohne Gebiss (Rai-Bändele, Knotenhalfter, Bitless Bridle, Glücksrad direkt verschnallt, einfach gebrochener Wassertrense), keinen signifikanten Unterschied ergibt. Bei diesen Untersuchungen zeigte sich zudem, dass die durch Zügelzug hervorgerufene, maximal tolerierte Kraft am Pferdekopf unabhängig von der Zäumung rund drei Kilogramm entspricht, in Ausnahmefällen und nur sehr kurzfristig bis zu maximal fünf Kilogramm. Im täglichen Reiten sollen immer niedrige Zügelkräfte angestrebt werden. „So viel wie nötig, so wenig wie möglich“
Nasenriemen müssen gemäß ihrer Bestimmung grundsätzlich nach der 2-Finger Regel verschnallt werden. Die Messung muss auf dem Nasenrücken erfolgen. Um eine Vereinheitlichung zu gewährleisten, wird ein standardisierter ISES-Keil als objektive Messmethode empfohlen. Wird der Nasenriemen enger als die 2-Finger Regel oder zu tief verschnallt, kommt es laut wissenschaftlichen Studien zu Einschränkungen von physiologischen Abläufen. (z.B. Abschlucken, Abschnürungen von Blutgefäßen und Nerven, Einschränkungen des Kauens und der Atmung). Die 2-Finger Regel gilt ebenfalls für evtl. verschnallte Sperrriemen und gebisslose Zäumungen.
Kinnriemen und Kinnketten dürfen bei Hebelzäumungen ebenfalls nur so verschnallt werden, dass ihre Wirkung erst eintritt, wenn die Winkelung des Kandarenbaumes zur Maulspalte 45° beträgt. Zu fest, beziehungsweise zu locker verschnallte oder nicht ausgedrehte Kinnriemen und -ketten können zu Verletzungen am Pferdemaul oder Unterkiefer führen. Die Kombination von Hebelgebissen mit Sperr- bzw. Pullerriemen ist aus Tierschutzgründen abzulehnen.
Der Einsatz eines Sperrriemens ist grundsätzlich zu überdenken. Missbräuchliche oder unsachgemäße Nutzung, falsche oder zu enge Verschnallung sowie grobe Handhabung von Zäumungen führt zu Schmerzen, Leiden oder Schäden der Pferde und ist generell tierschutzwidrig. Die Verantwortung für das Pferd muss jederzeit wahrgenommen werden! Demut, Toleranz, Geduld und Verständnis sind Voraussetzungen für das Wohl des Pferdes und zur Freude des Reiters.
„Ein gefühlvoller Reiter sucht nach Information von seinem Pferd.
Ein vertrauensvoller Reiter bekommt Informationen von seinem Pferd.“
2019: Die Internationale Gesellschaft für Pferdewissenschaften ISES hat auf Grundlage neuerer wissenschaftlicher Untersuchungen in einem neuen Positionspapier die verbreitete zu enge Verwendung von Nasenriemen kritisiert und ist auf die gesundheitsgefährdenden Auswirkungen eingegangen. Damit untermauert die ISES die Position der VFD, die mit dem Positionspapier Zäumungen von Oktober 2016 umfassend die pferdegerechte Verwendung von Zäumungen beschrieben hat.
Die Forderungen der ISES und des Positionspapiers "Zäumung" sind somit ein Kriterium, das es konsequent umzusetzen gilt. Das gilt besonders für alle Veranstaltungen der VFD. Quelle: ISES-Stellungnahme zu Nasenriemen
ISES Position Statement on Restrictive Nosebands
Zum Download: Positionspapier