Eigentlich bin ich eine rechtschaffene und ordentliche deutsche Beamtin und achte auf Gesetze, Verordnungen und Vorschriften, soweit sie mir bekannt sind. Aber das, was mir am
25. Oktober 2013 an der Schweizer Grenze zur EU passierte, lässt mich doch an der gesamten Bürokratie und der EU-Politik zweifeln.Zur Situation:
Ich habe ein Rassefohlen (6 Monate alt) in der Schweiz, Graubünden, Oberengadin, Scuol gekauft, die Verkäufer haben mir alle zum Grenzübertritt notwendigen Papiere vorschriftsgemäß vorbereitet (Equidenpass, Kaufvertrag, Werterklärung, e-dec web, amtstierärztliches Gutachten- nicht älter als 24 Stunden, Zollerklärung aus dem Internet).
Ich komme am 24. 10. an der Schweizer Grenze an und erkundige mich nach den Abfertigungszeiten für den kommenden Vormittag. Ich solle ab 8.30 bis 12.00 Uhr an der Grenze sein wird mir gesagt. Das lässt sich machen. Ich fahre weiter nach Scuol, San Jon und warte dort auf die Verkäufer.
Am kommenden Morgen, 25. 10. verladen wir das Fohlen und ich fahre um 9.45 Uhr vom Hof Richtung
EU-Grenze (Martina). Nach etlichen Kurven und 23 km bin ich endlich an der Grenze. Der Schweizer Zöllner in Martina holt seinen Microchip-Reader aus dem Koffer, geht mit mir zum Hänger und kontrolliert die Übereinstimmung des Pferdes mit den Unterlagen und dem Pferdepass, füllt danach vorschriftsmäßig die Ausfuhrpapiere aus und entlässt mich in Richtung Österreich. Nach weiteren 8 km halte ich an der EU-Grenze (Österreich) und will meine komplett ausgefüllten Unterlagen zur Verzollung vorlegen. Komischerweise passiert das nicht im -wie ich glaube – Zollbüro, sondern in einem Raum der mit DB – Schenker markiert ist. Warum ich bei einer Firma und nicht bei Beamten des Zolls verzollen soll ist mir schleierhaft, aber nun gut, ich bin ja flexibel.
Etwas überraschend verkündet mir die Dame auf der anderen Seite des Schalters, dass ich hier kein Pferd verzollen dürfe. Auf meine Frage und meinem Hinweis, dass dies der kürzeste Weg für ein lebendes Tier zum Bestimmungsort sei und mir mit dem Tier im Anhänger wohl nicht zuzumuten sei, durch die Schweizer Alpen zu kurven, meinte sie nach einem Anruf bei ihrem Kollegen (wohl in Basel, Vorname Thomas), das ginge bei einem nicht reinrassigen Tier schon, aber nicht, wie hier bei einem reinrassigen. Der tiefere Sinn dieser Aussage blieb mir verwehrt. Trotz meinem nochmaligen Hinweis darauf, dass ich nun wohl eine zusätzliche Strecke von ca. 300 km und etwa 4 Stunden (mit Hänger durch die Alpen) zu bewältigen habe, konnte sie nichts erwidern. Ich musste also drehen und mich wieder zum Schweizer Zöllner begeben. Der machte, ebenfalls völlig korrekt, seine Ausfuhreintragung wieder rückgängig und gab mir die Bescheinigung der Stornierung. Damit fehlte mir dann aber die e-dec web für die nächste Ausfuhrstelle. Na klasse.
Nach etwa 4 Stunden mit jetzt notwendiger Vignette, Autoverladung in Susch nach Klosters und zusätzlichen Kosten von ca. 150 Euro (33,- Vignette, 52,- Autoverladung, 70,- Diesel) komme ich in Thayngen an. Ich habe kurzerhand die Strecke nach Basel abgekürzt, da ich in Thayngen schon einmal vor etlichen Jahren Pferde exportiert hatte.
Ich gehe zum Zollgebäude und lege meine Unterlagen dem Schweizer Zoll vor. Natürlich erkennt der gleich, dass ich dieses Pferd bereits in Martina ausgeführt hatte und dieser die Declaration storniert hatte. Folglich brauche ich jetzt dieses Dokument (e-dec web) wieder. Der Schweizer Zöllner sagt mir, dies könne ich an dem internetfähigen PC, der im gleichen Raum stand, nachholen. Ich bräuchte aber dennoch einen „Laufzettel“, den ich bei der Spedition schräg gegenüber ausstellen lassen könne. Ich lief also (armes Pferd im Hänger!) die ca. 500 m zur besagten Spedition, erfuhr dort, dass sie für Pferde nicht zuständig seien, ich mich aber bei einem Herrn Mohr im roten Backsteingebäude gegenüber (M-Sped) noch einmal erkundigen könne. Also erneut etwa 300 m zu Fuß zum roten Backsteingebäude und dem besagten Herrn Mohr, der gerade noch einen anderen Kunden abfertigte. Als ich „dran“ war, erkundigte er sich nach meinem Wunsch, sah sich meine Unterlagen an, und füllte einen roten „Laufzettel“ aus, den ich am Schweizer Zoll abgeben solle und erklärte mir auch die weitere Vorgehensweise.
Ich ging also wieder zum Zollgebäude, gab dem netten Herrn der Schweizer Behörde meine Unterlagen ab und wartete auf die Abfertigung. Zu meiner Überraschung sagte der Zöllner jedoch, ich habe ja immer noch kein neues e-dec web, was denn dieser Herr von der Spedition denn gemacht habe? Auf seinen darauf erfolgten Anruf bei Herrn Mohr, sagte dieser ihm wohl zu, das fehlende Dokument noch nachzureichen und rüber zu bringen. Ich wartete! Inzwischen füllte sich der Schalter, aber kein Herr Mohr erschien. Der nette Schweizer Zöllner bemerkte, dass ich -angesichts meines im Hänger wartenden Pferdes- immer nervöser wurde. Außerdem war die 24 Stunden Frist des Amtstierarztes längst abgelaufen (nicht meine Schuld). Er erbarmte sich und füllte das e-dec web selbst aus. Ich konnte jetzt also endlich weiter zum deutschen Zoll. Mittlerweile war es auch längst 15.00 Uhr geworden. Nach meinen Berechnungen hätte ich das Bestimmungsziel längst erreicht. Ich stand aber noch immer beim Zoll.
Mit dem nun neuen „e-dec web“ Dokument wollte ich mich auf der anderen Seite dem deutschen Zoll nähern, wurde aber vom Schalterbeamten, der gerade frei war weiter verwiesen. Eine Dame vom deutschen Zoll empfing mich dann mit den Worten: „ich kann verstehen, das das keiner von denen (an den Schaltern) machen will: ein Pferd.“ das mach ich. Sie übernahm die Dokumente, schickte mich zu meinem Auto und sagte, ich solle vor an die Rampe fahren, sie käme auch dorthin.
Also Kontrolle zum zweiten! Sie sah sich das Fohlen an, bemerkte, dass es deutlich kleiner sei, als ihr eigenes (ein Friese) und gab mir noch 3 Minuten, in der sie die Papiere ausfüllen wolle. Ich ging kurz zur Toilette, gab meinem Pferd zwei Äpfel und dann erneut ins Zollgebäude. Sie war in wenigen Augenblicken fertig, ließ mich an der Kasse die 495,44 Euro Zoll zahlen und erklärte mir, dass ich die Zollpapiere dann bei Herrn Mohr abholen könne.
Ich also erneut auf den Weg zum roten Backsteingebäude, wo mir auf halbem Weg Herr Mohr mit den Papieren bereits entgegen kam; er gab mir die Zollbescheinigung und fragte, ob ich mit einer Zahlung von 60,- Euro einverstanden sei. Ich war es, um nur schnell weg zu kommen; verstanden habe ich nicht, wofür. War dieser rote „Laufzettel“ soviel wert?
Nun immerhin, ein Teil dieses Anhangs vom roten „Wisch“ war so wichtig, dass er als „Ticket“ zum Passieren der Grenze diente. Also doch!!!
Mir stellt sich in diesem Fall allerdings die Frage: Welche Aufgabe hat eine Spedition im Zollwesen, bzw. warum darf ein Pferd mit allen korrekt ausgefüllten Papieren nicht an der Stelle in die EU einreisen, wo der Grenzübergang am nächsten, für den Tierschutz (geringe Transportzeiten) also am sinnvollsten ist?????
Verena Scholian