Dem Rückgang der Biodiversität durch  halboffene Weidelandschaften und Waldweiden entgegenwirken  

Wo sind sie geblieben, die naturnahen Strukturen in unserer Landschaft? Die Knicks, das artenreiche Grünland? Wo die Weißstörche, die Rebhühner, die Feldlärchen? Zu sehen sind oft überwiegend nur noch uniform angebaute Weizen, Mais oder Rapsfelder. Auch Weideflächen sollen heute möglichst einförmig aussehen. Dahin alle Biodiversität. 
Jeder Quadratmeter Land wird heute möglichst für die Biogasanlagen genutzt. 
Intensive Düngung trägt sein Übriges zur Dezimierung der Arten bei. 
Und was bedeutet das für die Pferdehalter? Pferde mit Hufrehe, Darmproblemen und andern schweren Stoffwechselstörungen. 

Agroforstwirtschaft wie Hecken - Thünen-Studie belegt das große Klimaschutzpotenzial von Heckenanpflanzungen
Laut einer neuen Studie können Hecken  durch die Einlagerung von Kohlenstoff in der Biomasse der Hecke und als Humus im Boden große Mengen Kohlendioxid (CO2) aus der Atmosphäre aufnehmen und klimaunschädlich machen.  Pro Hektar wird in einer Hecke im langjährigen Mittel fast genauso viel Kohlenstoff gebunden wie in Wäldern. Weiterlesen: Hecken: Klima-, Arten-, Boden-, Wetterschutz und mehr

Mehr Artenvielfalt im Wald durch Rind, Pferd, Esel, Ziege oder Schaf?  Mit tierischer Unterstützung können lichte Strukturen im Wald geschaffen und so die Artenvielfalt gefördert werden. Die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) betreut und berät Waldweide-Projekte und hat nun ein Konzept veröffentlicht, das bei der Anlage und Durchführung von Waldweiden unterstützen soll. 

"In den vergangenen 200 Jahren sind in unseren Wäldern lichte Flächen immer weniger geworden – und mit ihnen artenreiche Lebensräume und viele an sie gebundene Arten", erklärt Dr. Mattias Rupp, Wissenschaftler in der Abteilung Waldnaturschutz der FVA.

In seiner Arbeit untersucht er, inwiefern die Wiedereinführung der ehemals weit verbreiteten Waldweide dabei unterstützen könnte, diese Lebensräume wiederherzustellen. 

Waldweide – was ist das überhaupt? 

Wenn Waldflächen durch Nutztiere beweidet werden, handelt es sich um eine Waldweide. Die Tiere können sich frei bewegen und Nahrung suchen. Durch die Weideeinflüsse der Tiere bleiben diese Waldflächen licht und mosaikartig. Die Effekte dieser Beweidung sind in der Regel stark genug, um auch noch in der nächsten Vegetationsperiode sichtbar zu sein. Lichte Weidewälder fördern die Arten der Übergangslebensräume, wie bedrohte Arten unter den Widderchen und Tagfaltern. 

Gleichförmige Waldbewirtschaftung führte zu dunklen Wäldern 

Das starke Bevölkerungswachstum, die intensive Nutzung der Wälder und der Ressourcenhunger im 19. Jahrhundert forderten Änderungen in Land- und Forstwirtschaft – unter anderem wurden Wald und Weide räumlich voneinander getrennt. Gleichzeitig wurde Hochwald bevorzugt – Wälder mit hohen, gleichalten Bäumen mit Kronenschluss. Durch diese Umstellungen wurden einst eng verzahnte Wald- und Weideflächen mit den an sie gebundenen Arten und Artengemeinschaften voneinander isoliert. Nach und nach wurden die Wälder dichter, schattiger und feuchter. 

Tierwohl im Fokus 

Um die positiven Wirkungen der Waldweide auf die Biodiversität zu nutzen, wurde sie zur Modernen Waldweide weiterentwickelt. Hier unterliegt die Haltung der Tiere den Regeln und Gesetzen des Tierwohls und Tierschutzes:

"Die eingesetzten Tierrassen kommen zwar mit den anspruchsvolleren Bedingungen auf einer Waldweide besser zurecht, benötigen aber Fürsorge durch den Menschen und eine angemessene Futtergrundlage", sagt Dr. Mattias Rupp.

Auch Einrichtungen oder natürliche Strukturen, die den Tieren Komfort bieten sollen, müssen zur Verfügung gestellt werden. Dazu zählen etwa Bäume zum Scheuern, Dickichte als Windschutz oder Lecksteine. Vor Anlegen der Waldweide muss zudem mit einem Veterinär gesprochen und die Tiere während der Beweidung täglich beobachtet werden.

"So kann das Weidemanagement individuell angepasst werden. An anspruchsvollen Standorten ist es vielleicht nötig, die Weidedauer zeitlich einzuschränken oder die Fläche entsprechend aufzubereiten – etwa durch Entfernen von herabfallendem Totholz oder dornentragender Sträucher", sagt Rupp. 

Neues Konzept bietet Hilfestellung 

Wo anfangen? Was beachten? Wenn Waldbesitzende oder Forstleute prüfen wollen, ob auf ihren Waldflächen eine Moderne Waldweide in Frage kommt, können sie sich nun Rat im Konzept "Moderne Waldweide als Instrument im Waldnaturschutz" holen. Die Publikation ist in Zusammenarbeit der FVA mit dem Regierungspräsidium Freiburg entstanden. Die unteren Forstbehörden halfen bei den Pilotprojekten mit. Es skizziert die Rahmenbedingungen für die Einführung der Moderne Waldweide in Baden-Württemberg und führt ihre Chancen und Grenzen auf. Eine Checkliste begleitet Forstleute und Waldbesitzende durch den Prozess. Die Publikation ist über die Website der FVA herunterzuladen und kann dort auch als Printexemplar bestellt werden. 

Hintergrund 

Ein Schwerpunkt der "Gesamtkonzeption Waldnaturschutz" von ForstBW ist die Pflege und der Erhalt lichter Waldstrukturen mit ihren charakteristischen Arten. Das Konzept "Moderne Waldweide als Instrument im Waldnaturschutz" ist ein wichtiger aber auch anspruchsvoller Baustein zur Erreichung von naturschutzfachlich wertvollen lichten Waldstrukturen. 

Quelle: https://www.fva-bw.de/aktuelles/artikel/ziege-rind-und-co-fuer-mehr-biologische-vielfalt-im-wald  

Was sind nun halboffene Weidelandschaften? 

Die Nutzung leitet sich aus traditionellen Wirtschaftsformen wie z.B. der Waldweide ab. Früher wurden die Tiere eines Dorfes in den Wald getrieben, damit sie sich dort ihr Futter suchen sollten. 
Heute werden Robusttierrassen wie z.B. Koniks, Exmoor-Ponys oder Galloway-, Hochland oder Heckrinder auf großen Flächen ganzjährig in halbwilder Form gehalten. 

Der europäische Gerichtshof hatte bereits 2010 entschieden, dass die Nutzung einer Fläche auch als landwirtschaftlicher Zweck anerkannt wird, wenn das eigentliche Ziel die Landschaftspflege und der Naturschutz ist. Denn Umweltschutz gehört auch zur Agrarpolitik der EU und ist ein wesentliches Ziel.  Soweit die Vorgaben der EU. Man hatte die Rechnung jedoch wieder einmal ohne die Mitgliedsländer gemacht. 

Weiterlesen Artikel 2012: "Stehen nach dem Rückgang der Biodiversität nun auch die halboffenen Weidelandschaften vor dem Aus?"

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