Wencke Bellmann hat im Februar 2022 ihr Leben um 180 Grad umgekehrt. In einem Jahr Vorbereitung verkaufte sie ihr Eigenheim, ließ sich in ihrem Lehrerberuf beurlauben, kaufte sich zwei Pferde und mit ihnen und ihrem Hund zog sie im Mai 2023 los.

Am Themenabend im Februar stellte sie uns ihren neuen Lebensentwurf vor, wie sie sich auf die Reise vorbereitete und ließ uns mit vielen Bildern an ihrer Tour 2023 teilhaben.

Zu Beginn der Coronakrise entdeckte Wencke mit ihrem damaligen Partner das flexible Reisen auf begrenztem Raum für sich und tourte mit ihm durch Europa. Einen Winter verbrachten sie in einem spanischen Gestüt, wo sie wieder Pferdeluft schnupperte. In ihrer Kindheit und Jugend war sie viel geritten, hatte dann die Pferdewelt aber für eine Zeit aus den Augen verloren.

So entstanden neue Ideen, wie sie ihr Leben gestalten wollte - Leben in der Natur, Leben auf Reisen, Minimalismus, langsames Vorwärtskommen und ein Leben mit Pferden - waren die Punkte die sie für sich festhielt.

Das Bild was in ihrem Kopf entstand bedeutete aber ein Lösen von der Sicherheit, das Lösen von einer wichtigen Rückkehrmöglichkeit, ihrem Haus. Einen Plan B ließ sie sich allerdings, der Lehrerberuf wurde nur auf Eis gelegt.

Das Geld aus dem Hausverkauf nutzte sie teilweise für den Bau eines Wagens nach ihren eigenen Vorstellungen. So entstand eine Kutsche, nein, eigentlich ein Tiny House mit Kutschbock. In ihrem kleinen Häuschen auf vier Rädern hat sie neben Bett und jede Menge Stauraum, einen kleinen Ofen, Kühlschrank, Trockentrenntoilette, Außendusche mit sogar Warmwasser und einen Gasherd, um nur einen Teil der Ausstattung zu nennen.
Auch eine Anhängerdeichsel für den Notfall findet Platz im Bauch des Wagens.

Etwas mehr als ein Jahr lag zwischen Idee und Umsetzung. Ein Jahr in dem sie sich stetig reduzierte bei materiellen Dingen und auf der anderen Seite sich jede Menge Wissen aneignete und Erfahrung sammelte. Sie verkaufte ihr Haus, ihr Auto und einen Großteil ihrer Sachen, nur Unterrichtsmaterialien für den Plan B, persönliche Erinnerungen und natürlich die Sachen die mit auf die Reise sollen, blieben bei ihr. Derzeit hat sie tatsächlich keinen festen Wohnsitz, lediglich eine Postadresse. Auf ihrem Personalausweis steht nur eine Gemeinde, die für sie bei einer Wiederanmeldung zuständig wäre.

In der Zeit machte sie aber auch ihren Kutschenführerschein und Praktika in großen Fahrställen. Das Winterpraktikum verbrachte sie in einem Fahrstall in Salzwedel, wo sie auch ihre beiden Pferde kaufte und diese und sich selbst mit Reiten, Spaziergängen und jeder Menge Fahrtraining auf die Tour vorbereitete.

Ausrüstungstechnisch stellte sie uns noch eine Besonderheit vor, da ihre Pferde mit Hufschuhen laufen. Es sei zwar ein langer Prozess gewesen, die passenden Schuhe zu finden, Wencke wollte aber unabhängig sein von Hufschmieden. Schwierig sei es ohnehin einen guten zu finden, aber mit Kaltblütern sei dies fast schon unmöglich. Viele Schmiede würden einfach das Gespräch beenden, wenn sie ihre Kaltblüter erwähnt habe.

Kommen wir jetzt aber mal zu den wichtigen Begleitern. Unterwegs war sie mit zwei Rheinischen Kaltblütern Lümmel, 16 Jahre und Ella, 11 Jahre. Mit dabei auch immer ihre 12 Jahre alte Hündin Luna.

Gemeinsam waren sie 2023 vier Monate unterwegs, tatsächlich vom 23.05. bis 23.09..Sie legten zwischen 800 und 900 km zurück und campierten auf insgesamt 70 Stationen. Auf Grund der Schwere des Gefährtes kamen sie hauptsächlich auf der Straße im Schritt voran, täglich ca. 15 km, nach dem Motto in der Ruhe liegt die Kraft.

Im zweiten Teil des Vortrages nahm uns Wencke mit auf ihre Reise und ließ uns mit vielen Bildern an ihrer Tour teilhaben. Sie berichtete von tollen Begegnungen, manchmal auch anstrengenden, wenn man z.B. zum 5. Mal des Tages seine Lebensgeschichte erzählt, vom Einkaufen, Wäsche waschen, Pausen, den Landschaften, dem Genießen und Entspannen und von Abenteuern, wie den Fährfahrten.

Wencke verstand es eindrucksvoll uns auf ihre Reise und ihr neues Leben mitzunehmen. Man bekam richtig Lust und auch Mut sofort loszuziehen.

Kleiner Wermutstropfen an dem Abend war aber leider, dass wir mit über 30 Anmeldungen mehr als ausgebucht waren und bereits eine Warteliste hatten. Ein paar Teilnehmer meldeten sich nur leider nicht ab, so dass es letztendlich nur 22 Zuhörer beim Vortrag waren. Dies war sehr schade für die Personen auf der Warteliste, die wir noch hätten anrufen können.
Auf Grund der Raumkapazität müssen wir irgendwo eine Grenze setzen, aber meldet euch doch bitte ab, wenn ihr nicht könnt. Andere freuen sich über euren Platz.