von Sachbuchautorin Michaela Maluche
Bestimmt waren viele von Euch selbst schon mal bei der Beantwortung dieser Frage unsicher. Man holt sein Pferd von der Weide und entdeckt eine Wunde. Oder es hat plötzlich Nasenausfluß oder das Futter nicht aufgefressen.

Besonders am Anfang der Pferdebesitzer-Zeit kann man über diese wichtige Entscheidung schon mal unsicher sein. Aber auch später passiert es hin und wieder. Besonders wenn einem das Pferd nicht selbst gehört und die Besitzerin gerade in einem solchen Fall nicht erreichbar ist, ist der Druck noch größer.

Die allgemeinen Merkmale eines gesunden Pferdes sind uns allen sicher bekannt:

  • Interesse an der Umwelt (Ohrenspiel, Kopfbewegungen)
  • Klare lebhafte Augen
  • Regelmäßiges Kot-/Urinierverhalten
  • Futter wird gefressen
  • Verhalten „so wie immer“
  • Keine Schwellungen oder Wunden
  • Abwechselnde Entlastung im Stand.
  • Keine Lahmheit/Steifheit im Gang
  • PAT-Werte im Normbereich, d.h. für ein erwachsenes Pferd in Ruhe ungefähr: Puls 28-40, Atmung 8-16, Temperatur 37,4-38,2.
Grundsätzlich kann man natürlich umso besser entscheiden, ob ein Pferd „unnormale“ Symptome zeigt, je besser man es kennt. Einige Pferde lecken den Trog eben nicht immer bis auf das letzte Futterkörnchen aus. Manche legen sich auf der Weide seltener hin als andere. Das eine Tier ist wetterfühlig, das andere nicht.
 
Daher setzt die Worte „unnormal“ oder „auffällig“ immer in Relation zum normalen Grundverhalten des jeweiligen Pferdes. Neben Kenntnissen über Verhaltensweisen beim Fressen, weiden, reiten, Umgang etc ist es auch sinnvoll, die individuellen Puls-, Atmungs- und Temperaturwerte seines Pferdes zu kennen. Meßt dazu morgens und abends, da diese Werte wie beim Menschen unterschiedlich sein können.
 
Welche Situation macht nun den Besuch eines Tierarztes notwendig? Wenn man sich nicht sicher ist, finde ich es besser, den Arzt lieber einmal zu viel als zu wenig anzurufen. Vor allem dann, wenn man ein fremdes Pferd betreut.
 
Notfälle, die ein möglichst schnelles Kommen des Arztes erforderlich machen, sind
  • Atemnot, z.B. bei Schlundverstopfung (tiefe Halshaltung, röcheln, Futterteile/Schleim aus den
  • Nasenlöchern)
  • Taumeln/Gleichgewichtsstörungen
  • Abweichende PAT-Werte wie hohes Fieber
  • Lahmheit/Steifheit, bis hin zur Bewegungsunfähigkeit
  • Anhaltendes Nasenbluten
  • Stark blutende und/oder klaffende Wunden und Wunden an empfindlichen Körperstellen wie
  • Geschlechtsteile, Augen, Nüstern (Bis der Tierarzt kommt, keine Versorgung mit Salben oder Sprays vornehmen. Stattdessen fließendes Wasser und Druckverband.)
  • Kolik-Anzeichen (z.B. Unruhe, schwitzen, aufstampfen, liegen/aufstehen, Schweif schlagen, Bauch treten, Kot einhalten, nicht fressen)
  • Komplette Entlastung eines Beins im Stand
  • Eitriger Nasenausfluss
  • Andauernder Husten
  • Fremdkörper in Körper, Huf oder Auge
  • Futterverweigerung
Beschreibt dem Arzt am Telefon die Situation mit den wichtigsten Informationen. Er wird dann sicher Hinweise geben, was zu tun ist. Bis zum Eintreffen des Tierarztes versucht Ruhe zu bewahren - bei Euch selbst und beim Pferd - und nehmt Eurem vierbeinigen Freund jeden möglichen Anlaß zu Stress. Bei Kälte am besten mit Decken warm halten.
 
Keine unbedingten Notfälle, aber auch Anlässe für tierärztliche Begutachtung sind auf jeden Fall gestörtes Allgemeinbefinden, Veränderungen an Haut und Fell, verändertes Verhalten beim Umgang oder Reiten, Freßprobleme/-unlust und oberflächliche Wunden/Abschürfungen (Tetanus-Schutz?!).
 
Es ist auf jeden Fall empfehlenswert, einen Erste Hilfe-Kurs für Pferde zu absolvieren (am besten ab und zu mal auffrischen) und eine Notfall-Apotheke griffbereit im Stall zu haben. Es gibt Stellen am Pferd, da ist das Anlegen eines Verbands schon beim Üben nicht so leicht.
 
Ich wünsche Euch natürlich, dass ihr den Tierarzt außerhalb der regelmäßigen Gesundheitsvorsorgemaßnahmen gar nicht erst rufen müsst! Aber wenn, konnte ich Euch für diesen Fall hoffentlich ein wenig Entscheidungshilfe geben.
 
Weitere Informationen zu Michaela Maluche und ihren Aktivitäten sowie Veröffentlichungen gibt es unter http://www.pferdebesitzer.info.

Herzlichen Dank für die tierärztliche Beratung: Herr Dr. Norbert Künzel, Ratingen

Zur Equitana, am 14.3., dem Tag der Ausbildung, wird die Autorin übrigens auch Talkpartnerin auf dem Grünen Sofa an unserem Stand D08 in Halle 2 sein.

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