Was sich wie die Headline eines Tierschutzskandals liest, beschreibt die nahezu wild lebende Herde Dülmener Wildpferde im Merfelder Bruch.

Am 24.Mai 2020 besuchten Mitglieder und Freunde der VFD Münster-Warendorf die Anlage der Familie Herzog von Croy. Freundlich und kompetent geführt erfuhren wir von der möglichst menschenfernen Herdenhaltung, die auf fast 400ha Weide- und Waldlandschaft 1847 auf Wunsch Alfred von Croys hier mit zunächt 20 Ponies auf 33 ha ihren Ursprung nahm.

Nach Einkreuzung von Welsh-Ponies, Huzulen und Exmoor-Ponies war die Dülmener Herde bis in die 1960er Jahre farblich breit aufgestellt. Durch jahrelangen Einsatz von Koniks als Deckhengste setzte sich die graue Fellfarbe durch, so dass wir nur noch vereinzelt dunkelbraune und schwarze Stuten beobachten konnten. Die Deckengste leben in einem gesonderten Areal und werden nur von Mai bis September zur Stutenherde gelassen.

Jedes Jahr am letzten Wochenende im Mai werden die Jährlingshengste durch die örtlichen Bauernsöhne in der Naturarena, in die die gesamte Herde zuvor getrieben wird, herausgefangen und versteigert. Die Erlöse aus Versteigerung, Eintrittskarten und Eintrittsgelder für die öffentlichen Besichtigungen und Führungen tragen zur Finanzierung der Herde bei. In diesem Jahr hat der Fang der Junghengste und das dafür nötige Zusammentreiben der gesamten Herde wegen der Ansteckungsgefahr für die Zuschauer ohne Publikum stattgefunden.

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Besonders spannend zu beobachten waren die Spiele der Fohlen, die sich sehr selbständig und geschickt zwischen den "Großen" bewegten. Auch sehr alte und offensichtlich zu dünne Tiere waren vereinzelt zu sehen. An ihnen wird deutlich, dass tatsächlich durch die Förster und Mitarbeiter des Herzogs nicht eingeriffen wird. Die höchste Streblichkeit liegt im ersten Lebensjahr der Pferde. Sind Geburt, Umstellung von Muttermilch auf Gras und der erste Winter überstanden, haben die Stuten in der Wildbahn gute Chancen sehr alt zu werden.

Der Großteil der Herde hatte bereits glänzendes Sommerfell (leider vor Regen, wir hätten die Führung auch gern bei Sonnenschein durchgeführt, aber da lag wohl ein Buchungsfehler vor) und sah gut bemuskelt aus.

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Zu Hause im heimischen Offenstall frage ich mich, ob meine Ponies geritten, gefahren, longiert, bespaßt werden müssen oder ob sie nicht doch ein paar Hundert Freunde und eben soviele Hektar Land meiner Gesellschaft vorzögen... ich werde es wohl nie erfahren, aber freue mich trotzdem, dass meine Ponies Namen haben.

 

Fotos: Anh Tuan

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