Holzrücken011Am 10.9.2022 überreichte unsere Präsidentin Bianka Gehlert auf den "Deutschen Meisterschaften im Holzrücken mit Pferden 2022" im Rahmen der DLG Tage in Lichtenau/NRW den Eisernen Gustav in der Kategorie "Arbeiten mit Pferden" an Pit Schlechter,

Mit Pit Schlechter zeichnet die VFD dieses Jahr eine wahre Größe in der internationalen Arbeitspferdeszene mit dem „Eisernen Gustav“ aus. Er hat die FECTU, die Europäische Zugpferde-Föderation mit begründet und war von 2003 bis 2019 deren Präsident, danach Vizepräsident. Dieser Dachorganisation gehören zwanzig Mitgliedsvereine aus vierzehn europäischen Ländern an.

Als Züchter und Erster Vorsitzender war Pit Schlechter zudem im Ardenner-Zuchtverband seines Heimatlandes Luxemburg aktiv, wo er sich unter anderem dafür einsetzte, dass das Kupieren der Pferde untersagt wurde. Eine seiner zahlreichen Meriten war die Wiederbelebung der internationalen Zeitschrift Draught Animal News, einem wichtigen Forum für alle Freunde starker Pferde.

Auch über Europa hinaus ist ihm die Unterstützung der Kleinbauern wichtig; in ärmeren Ländern der Erde sind sie oft auf Pferde, Esel und Mulis angewiesen. Dazu nahm er an internationalen Symposien etwa in Neu-Delhi oder bei der FAO teil, der Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen.

Besonders begeistert uns, dass Pit nicht nur die technischen, sozialen und ökologischen Aspekte der Arbeit mit Pferden im Blick hat, sondern auch das Wohlergehen der Tiere. Ein Beleg dafür ist die enge Zusammenarbeit der FECTU mit den weltweit operierenden Tierschutzverbänden wie The Donkey Sanctuary und World Horse Welfare. Ganz nebenbei berät Pit noch die Forst- und Naturschutzbehörde von Luxemburg hinsichtlich der vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von Arbeitspferden.

Dass er einen Doktortitel in Germanistik hat, lässt er gerne unter den Tisch fallen. Doch umso mehr freute es ihn, dass er mit dem „Eisernen Gustav“ einen Preis zugesprochen bekommt, der Pferde auch als Kulturgut begreift.

Laudatio geschrieben von Hanno Pilartz

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DER EISERNE GUSTAV GEHT NACH LUXEMBOURG
von Reinhard Scharnhölz, ehem. Vors. der IGZ

Gustav Hartmann (1859 – 1938) betrieb in Berlin ein Unternehmen zur Personen-Beförderung mit der Bezeichnung „Wannseedroschken“. Den Namen „Eiserner Gustav“ hatte er schon lange vor seiner legendären Fahrt Berlin à Paris erhalten. Denn er wartete eisern am durchaus sehenswerten Bahnhof Wannsee bis dort der letzte Abendzug eingetroffenen war – mit noch ggf. beförderungswilligen Personen. Dieser letzte Zug entschied also über schon oder noch nicht Feierabend für Gustav Hartmann.

Am 2. April 1928 begann Gustav seine berühmte Reise mit Droschke (russisch drozki – leichter Wagen) und Wallach „Grasmus“ in der Schere. Ein Journalist begleitete sie während der gesamten Reise und berichtete über das Unternehmen. Nach mehr als 1000 km wurde am 4. Juni 1928 die französische Hauptstadt Paris erreicht. Eine Luxusreise dürfte es kaum gewesen sein, da vor allem in ländlichen Regionen Kopfsteinpflaster den üblichen Straßenbelag darstellte.

Die zeitaufwändige Reise von Gustav Hartmann und seinem bewährten Wallach war v. a. eine Demonstration für den Einsatz von Droschken und gegen die zunehmende Verwendung von PKW, obwohl Gustav selbst ein Auto besaß. Zumindest hatte der „Eiserne Gustav“ die französische Hauptstadt mit friedlichen Mitteln „erobert“.
1938, zehn Jahre nach seiner denkwürdigen Fahrt, starb Gustav Hartmann. Das Grab war eine Spende der Reichshauptstadt und wird auch heute noch vom Bundesland Berlin gepflegt.

Die Person, die heute mit dem „Eisernen Gustav“ der VDF geehrt werden soll, ist erfreulicherweise noch keine historische Persönlichkeit, sondern ein Mann, der sich seit Jahrzehnten äußerst aktiv für die sinnvolle und schonende Verwendung von Arbeitspferden einsetzt. Der Begriff „Arbeitspferde“ muss weit gefasst werden, denn dazu gehören Pferde, Esel, Maultiere (Mulis), Maulesel und – wenn die Betonung auf Arbeit gelegt wird – auch Zugrinder, Dromedare, Trampeltiere und Lamas.

PIT SCHLECHTER, Jahrgang 1949, ist Bürger des Großherzogtums Luxemburg und überzeugter Europäer, der immerhin vier Sprachen souverän beherrscht. Aber PIT besitzt nicht nur feinstes Gespür für Sprachen, sondern besitzt auch in Theorie und Praxis fundiertes Wissen über Pferdearbeit und Arbeitspferde. Wann er mit dem Pferde-Virus infiziert wurde, ist nicht mehr auf den Tag genau festzulegen. Aber wie beim Herpesvirus der Pferde gilt auch beim Pferdevirus des Menschen: Einmal von ihm infiziert, ist es lebenslanger Begleiter der Betroffenen.

PIT SCHLECHTER hat Zugpferde-Szene europaweit geprägt durch nachhaltiges und vorausdenkendes Engagement. Mehrere Jahre war er Präsident des Luxemburger Ardenner Stutbuches, weit bedeutsamer war jedoch, dass er zusammen mit Charly Pinney die Idee einer europäischen Dachorganisation für Zugpferde ausgeformt hat.
Es ist kein Zufall, dass die FECTU im Jahre 2003 in Munzen/L. das Licht der Welt erblickte. Vertreter von 7 Zugpferdeverbänden aus B, L, GB, F und D fungierten als Taufpaten. Zum Präsidenten der noch jungen Dachorganisation wurde PIT SCHLECHTER einstimmig gewählt. Unter der Leitung von PIT wuchs die FECTU stetig und umfasst heute 20 Organisationen, welche die Interessen von rd. 5000 Individuen vertreten. Zur FECTU gehören Vereine in Finnland, Schweden, Norwegen, Polen, Deutschland, Schweiz, Österreich, Frankreich, Belgien, Großbritannien, Italien, Spanien und Portugal.

PIT war häufiger in Brüssel, um Institutionen der EU von der Notwendigkeit der Nutzung von Arbeitspferden etc. zu überzeugen; durchschlagender Erfolg blieb verwehrt. Aber immerhin:

Die FECTU ist Mitglied der Technologie-Plattform TPorganics (ökologische Lebensmittel und Bewirtschaftung) sowie des European Horse Network.

Als PIT 2019 sein Amt als Präsident der FECTU zur Verfügung stellte, konnte er seinem Nachfolger aus Portugal eine vitale FECTU übergeben. PIT ist weiterhin für sein geistiges Kind FECTU tätig.

Auf den Punkt gebracht: PIT SCHLECHTER hat unermüdlich Großartiges für den Einsatz und die Zucht von Arbeitstieren geleistet.

 IGZ 2

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