Björn RauAls ich als Junge einen Kavalleriesattel geschenkt bekam dauerte es noch eine gefühlte Ewigkeit bis ich ein Pferd mein eigen nannte. Nun, im Besitz von Packsätteln, die bauartbedingt alle auf unseren stämmigen Quarter keinen Platz fanden, hat unser Zuwachs, ein Muli, die passenden Konfektionsgröße. Auf die vielfachen Fragen meiner Mitreiter, was ich den in aller Welt mit meiner “Honey“ zu tun beabsichtige, antworte ich mit glänzenden Augen: Packtripps unternehmen.

Ich glaube mich noch an Fuhrleute mit Pferd und Wagen erinnern zu können. Also sooo lange kann diese Zeit noch nicht vorüber sein. Aber Packpferde bekam ich erst viel später zu Gesicht. Dabei ist die Blütezeit des Säumens (15. und 16. Jahrhundert) in den Alpenländern und im Bayerischen Wald doch schon längstens Geschichte.

Mit dem Ausbau der Straßen und Wege verlagerte sich der in den Alpen mehrere tausend Jahre notwendige Transport von Gütern vom Lasttierrücken - Pferd, Maultier und Esel- , auf die Kutsche und die Eisenbahn. Wenn ein Saumpferd bis zu 120 kg Last tragen konnte, konnte nunmehr mit Zugpferden ein vierfaches an Last gezogen werden. Viele Saumpfade wurden Anfang des 19. Jahrhunderts zu Fahrstraßen ausgebaut, die bestehenden Netze der Saumstationen zu Gasthäusern und Pferdewechselstationen ausgebaut (Simplon, Splügen, Gotthard). Mit dem Bau der Gotthardbahn 1882 , bei der noch einmal Hunderte von Lasttieren zum Einsatz kamen, fiel die Notwendigkeit des Transportes von Handelsgütern auf Saumpfaden (saum = altdeutsch für Last) endgültig dahin.

Die vereinzelte Säumerei zum Bau oder der Versorgung von Schutzhütten der europäischen Alpenvereinen, Almen und Schutzhütten wird durch die staatliche Förderung des Hubschraubertransportes nun endgültig zu Hobby und Liebhaberei. Einmal abgesehen von den Gebirgstruppen der Schweiz, Österreichs und Deutschlands scheint es keine professionelle Nutzung für Tragtiere mehr zu geben.

Meine erste Herausforderung im Umgang mit Saumpferden hatte ich in Kanada, bei einem einmonatigen Packtripp durch die Rocky Mountain mit 7 Mitreitern und 16 Pferden.

Am Schluss war ich 10 kg leichter und, trotz aller Plage, infiziert für´s Leben. Was für einen Nordamerikaner durchaus noch normal erscheint; die Nutzung von Packtieren, z.B. durch die Staatsforstverwaltung; „this Country is build by packmules“ Lee Roeser vom U.S. Forest Service, bei privaten Packtripps oder beim horsebackhunting, erschien mir im dichtbesiedelten Mitteleuropa einfach absurd. Nun ja, bis ich in Rumänien ein Dorf erwanderte, das, fern jeglicher Straßenanbindung, auf engen, steilen Bergpfaden ausschließlich durch Packtiere versorgt wurde. Früher nichts außergewöhnliches, aber im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts und mitten in der EU? Die Fortsetzung dieser Wanderung in die Vergangenheit war die intensive Auseinandersetzung mit dem Thema im hier und jetzt.

Und ich wurde fündig: Die Schweiz hatte hierbei für mich die Schlüsselstellung in der Alpenregion. Wohl auch durch die Wiederentdeckung der Maultierzucht besann man sich dort der alten Tradition, bevor es nur mehr Geschichte wurde. Zwei Bücher, 1999 erschienen, -„Wanderung mit Packtieren“ von Helene v. Gugelberg, u.a. und „Alpines Trekking mit Pferden und Maultieren“ von Inge Röger-Lackenbrink – zeigen die Nutzung von Saumtieren sowohl für Hartgesottene als auch im touristischen Alltag. Alte Saumpfade und Passüberquerungen werden wieder neu entdeckt und im Internet veröffentlicht. Gleichzeitig nimmt das Angebot von organisierten und professionell geführten Packtripps stetig zu.

Und bei uns?

Abgesehen von der mir bekannten Traditionspflege des Saumwesens im Bayerischen Wald gibt es hier einen alten Saumpfad, der goldene Steig. Von Passau ausgehend in das damals böhmische Prachatice wurde Salz (das weiße Gold) transportiert. Im Gegenzug fanden Glaswaren und Getreide aus Böhmen ihren Weg in die Welt. Heute zumindest besteht in Teilbereichen die Möglichkeit einen Originalteil des alten Säumerpfades zu erwandern.

Auch das Wandern mit Packtieren liegt nun vollends im Trend. - Eselsafari und Co - . Aktuell kenne ich hier zwei Angebote aus der Oberpfalz, die sich allerdings auf Fußwanderer konzentrieren. Aber auch die VFD-Bayern unternimmt einen Anlauf, um - meiner Kenntnis nach bisher einmalig - das Thema unter die Reiter zu bringen.

Bjørn Rau, VFD-Bezirksverband Oberpfalz
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